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Berichte

Musikalisches Vermächtnis

Cäcilien-Oper in Hattingen uraufgeführt

Mit seinem „Pianopianissimo Musiktheater“ wollte der Regisseur, Intendant und Publizist Peter P. Pachl nach eigenen Worten stets das „Unmögliche möglich machen“. Als musikalisches „Trüffelschwein“ war er bekannt, als „Verführer und Ermöglicher“ wurde er trotz mancher Kritik geschätzt.

Fast wäre ihm ein weiterer Coup geglückt, doch nun ist er kurz vor der Premiere der Oper „Die heilige Cäcilia“ von Anton Urspruch während der Probenphase in Hattingen nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 68 Jahren verstorben. Der Stuhl für die Abendregie, demonstrativ auf der Bühne platziert, blieb bei der Premiere leer. „Sein Verlust wird in der ganzen Opernwelt zu spüren sein“ resümierte der Musikpublizist Norman Lebrecht in seinem Blog.

Foto: Guido Krawinkel

Foto: Guido Krawinkel

Pachl grub mit Vorliebe immer wieder unbekannte Opern aus und führte sie mit seinem Ensemble auf. Er gründete eine Siegfried-Wagner-Gesellschaft, um den vernachlässigten Sohn des Bayreuther Meisters neu zu entdecken, leitete Opern an vielen Häusern, einschließlich der English National Opera, lehrte an zahlreichen Universitäten und war kurzzeitig auch Intendant der Berliner Philharmoniker. Denen war sein experimentierfreudiges Programm aber zu gewagt, er musste gehen.

2011 hatte Pachl bereits Urspruchs Oper „Das Unmöglichste von Allem“ auf die Bühnenbretter gebracht. Danach entdeckte er dessen Oper über die Heilige Cäcilia, die Urspruchs, und nun auch Pachls, Vermächtnis wurde – sowohl im musikalischen als auch im geistlichen Sinne. Trotz allem fand die Uraufführung der Oper „Die Heilige Cäcilia“ von Anton Urspruch in der Gebläsehalle der Henrichshütte in Hattingen statt. Zehn Jahre lang hatte Regisseur, Intendant und Publizist Peter P. Pachl insgesamt an dem Projekt gearbeitet.

Der Düsseldorfer Musikwissenschaftler und Kirchenmusiker Ulrich Leykam hatte dafür die unvollendete Oper anhand des vorhandenen Particells fertiggestellt. Die postume Uraufführung des vieraktigen Musikdramas über Leben und Wirken der als Patronin der Kirchenmusik in die Geschichte eingegangenen Märtyrerin Cäcilia erzählt die spannende Handlung in einer faszinierenden, spätromantischen Tonsprache. Als Komponist widmete sich Urspruch vor allem der Kammer- und Chormusik sowie der Oper. Intensiv beschäftigte er sich auch mit jüdischem Tempelgesang und Gregorianischem Choral, was beides in der Cäcilien-Oper seinen Niederschlag gefunden hat.

Nach Pachls Tod übernahm der junge chinesische Regisseur Chang Tang die Regie in den Endproben. Er musste das Regiekonzept völlig umstellen und den erschwerten Gegebenheiten anpassen. Das Ergebnis konnte man mit einem eher statischen Bühnengeschehen und trotz anspielungsreicher Videoprojektionen am ehesten als halbszenisch beschreiben. Angesichts der ebenso komplizierten wie tragischen Vorgeschichte der Produktion verbietet sich aber ein abschließendes Urteil hierüber. Die sängerischen Leistungen waren teilweise ausgezeichnet, hervorzuheben sind hier insbesondere zwei Namen: Uli Bützer als Präfekt und Marie-Luise Reinhard als Witwe.

Das Orchester war in Form des Bayreuth Digital Orchestra – im Übrigen auch eine Initiative des unermüdlichen Pachl – lediglich virtuell zugegen, es wurde mittels der Notationssoftware Sibelius generiert und durch das Dirigat von Ulrich Leykam mit dem Ensemble auf der Bühne synchronisiert. Eine Notlösung mithin, die dieses Projekt allerdings überhaupt erst realisierbar machte.

Auch der Chor war eine Notbesetzung, denn von eigentlich drei Chören blieb coronabedingt nur mehr ein kleines Vokalensemble übrig. Das allerdings hatte Enormes zu leisten. Letztendlich kann man allerdings dankbar sein, dass es Urspruchs Cäcilienoper überhaupt auf die Bühne geschafft hat. Zu wünschen wäre dem Werk ein großes Opernhaus, ein reales Orchester und eine unter optimaleren Bedingungen zustande kommende Produktion. Die Musik des 1850 in Frankfurt als Enkel eines jüdischen Kantors geborenen Urspruch, der immerhin ein erklärter Lieblingsschüler von Franz Liszt war, würde es lohnen.

Guido Krawinkel

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