Die Zahl der Männerchöre ist seit einigen Jahrzehnten zurückgegangen. Zahlreiche dieser Männerchöre haben sich jedoch in gemischte Chöre umgewandelt, sonst würden viele traditionsreiche Chöre heute nicht mehr bestehen. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Frauenchöre positiv entwickelt. Doch die günstigste Entwicklung ist bei Kinderchören und Jugendchören festzustellen. An allgemein bildenden Schulen, in Kirchengemeinden, bei Freizeiten, an Volkshochschulen und Musikschulen ist die Zahl der Kinder- und Jugendchöre gewachsen und hat wesentlich zu einer positiven statistischen Entwicklung beigetragen. 40,5 Prozent aller Aktiven sind Kinder und Jugendliche in den Erwachsenenchören oder bilden selbst Kinder- und Jugendchöre. Es verstärkt sich dabei die Tendenz, dass junge Menschen mehrmals jährlich in Chören projektbezogen zusammenarbeiten, ohne jedoch die ständige Bindung an einen Chor einzugehen. Dies ist zudem auch bei Erwachsenen zu beobachten: Viele Sängerinnen und Sänger sind dazu zu gewinnen, vorübergehend bei der Aufführung eines bestimmten Werkes, bei der Beteiligung an einem Chorwettbewerb oder an einer größeren Konzertreise mitzuwirken. Für ein weiteres Projekt entscheiden sie sich jeweils neu, nicht jedoch für eine ständige Mitgliedschaft in einem Chor. Statistik und EntwicklungStatistische Berechnungen werden häufig als das Maß aller Dinge angesehen und damit überbewertet. Qualität und Quantität müssen gleichermaßen bedacht werden. Das Chorwesen kann jedoch mit beachtlichen Zahlen und positiven Entwicklungen aufwarten. Gesichertes Material liegt von den Chorverbänden vor, die mit ihren 45.000 Chören und 1,4 Millionen aktiven Mitgliedern einen wesentlichen Teil des Chorwesens repräsentieren. Um eine verlässliche Gesamtzahl der deutschen Chöre und
deren Mitglieder zu ermitteln, sind weitere Berechnungen vorzunehmen
sowie Schätzungen und Abgrenzungen unumgänglich: Es gibt
zahlreiche Chöre, die keinem Chorverband angeschlossen sind.
Insgesamt gibt es nach den Quellen der Verbände und Schätzungen
in Deutschland etwa 61.000 Chöre mit 3,3 Millionen Mitgliedern.
Die Chöre haben im Durchschnitt 53 Mitglieder, davon sind 30
aktiv und 23 passiv zugehörig. ChorspartenHinsichtlich der Chorsparten ergibt sich im Jahr 2002 für ganz Deutschland folgende Aufteilung: Gemischte Chöre 27.508 (45,2%) Was die Altersstrukturen betrifft, so sind zwei unterschiedliche Tendenzen festzustellen. Zum einen gibt es Chöre, die sich ständig erneuern, in denen jüngere Mitglieder dazukommen und ältere Mitglieder fortbleiben. Dazu gehören insbesondere Kammerchöre und natürlich Kinder- und Jugendchöre. Diese Chöre bleiben also „ewig jung“. Zum anderen gibt es Chöre, denen die Sängerinnen und Sänger in der Regel lebenslang treu bleiben. Dies ist in vielen Kirchenchören der Fall, ebenso bei Konzertchören und bei vielen anderen weltlichen Frauen-, Männer- und gemischten Chören.
Die lebenslange Treue zu einem Chor hat ihre guten Seiten. Auch die Mitglieder profitieren davon, indem sie in den Chören neben kulturellen Aktivitäten gesellschaftliche und soziale Kontakte finden. Doch die Chöre bezahlen diese lebenslange Treue mit dem Preis der Überalterung. Viele von ihnen haben ein Durchschnittsalter erreicht, welches auch Einschränkungen in der musikalischen Leistungsfähigkeit mit sich bringt. Statistisch wird deutlich, dass Frauen in den Chören dominieren: Nur 43 Prozent von den eingangs erwähnten 1,8 Millionen Sängerinnen und Sängern sind Männer. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das gemeinsame Singen in Deutschland nach wie vor eine große Basis hat. Bei aller Unterschiedlichkeit im statistischen Ergebnis stimmen darin alle verfügbaren Quellen und Berechnungen überein. Dazu sei die Deutsche Gesellschaft für Freizeit zitiert: „Zu keiner Zeit gab es so viele Sänger und Musikanten wie heute, trotz oder vielleicht auch wegen der Medienmusik.“ KonzerteDas Konzert stellt den Höhepunkt der Chorarbeit dar. Von mindestens einem jährlichen Auftritt kann man bei jedem Chor und Ensemble ausgehen; die meisten sind wesentlich aktiver. Im Jahresdurchschnitt wurden für bestimmte Bereiche fünf öffentliche Darbietungen ermittelt. Rechnet man regionale Ermittlungen auf das Bundesgebiet um, dann gestalten die 61.000 Chöre in 305.000 Konzerten und anderen Darbietungen jährlich 610.000 Stunden mit Chormusik für 61 Millionen Zuhörerinnen und Zuhörer. Gelegentlich wird ein geringes Publikumsinteresse bei den Konzerten der Laienmusiker beklagt. Eine besondere Bedeutung kommt den laienmusikalischen Konzerten deshalb zu, weil sie meist regional ausstrahlen und oft erste oder einzige unmittelbare musikkulturelle Erlebnisse für das Publikum darstellen. Es hat den Anschein, als ob auch die Aufmerksamkeit der Medien für die Laienmusik allmählich größer wird. (Dach-)VerbändeEs gibt ein gut gegliedertes Spektrum von Verbänden und Dachorganisationen, die Aufgaben wahrnehmen, welche der einzelne Verein alleine nicht bewältigen kann. Dies geschieht auf drei Gebieten: der Wahrnehmung von Vermittlerfunktionen zwischen Staat und Gesellschaft, der Information und Fortbildung sowie der Bereitstellung von Dienstleistungen. Seit 1952 besteht die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände (ADC). Sie ist der übergreifende Zusammenschluss der auf Bundesebene tätigen Chorverbände in Deutschland. Der ADC gehören sieben eigenständige Chorverbände an:
Der Deutsche Sängerbund mit 17.286 Chören (alle Angaben Jahr 2002) wurde 1862 gegründet. Er ist der größte Chorverband in Deutschland und nach eigenem Bekunden auch in der Welt. Bei der Gründung standen im wesentlichen Männerchöre Pate. Inzwischen haben sich der geschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend Frauen, Kinder und Jugendliche mit ihren Chören dem DSB angeschlossen. Seine Aufgabe ist es, den Chorgesang als kulturelle Gemeinschaftsaufgabe zu erhalten und zu fördern. Dies geschieht auf vielfältige Weise im Rahmen seiner Gliederung in regionale Sängerbünde sowie in Sängerbünden und Chören im Ausland.
Mit 1.588 Chören hat der Deutsche Allgemeine Sängerbund entsprechende Aufgaben und Strukturen als weiterer Chorverband, dem weltliche Chöre angehören. Er wurde 1947 in Hannover gegründet und versteht sich als Nachfolge-Organisation des Deutschen Arbeiter-Sängerbundes, der sich 1908 konstituierte und dessen Tradition auf das Jahr 1848 zurückreicht. Der DAS pflegt die traditionelle Musikkultur einschließlich des Volksliedes und fördert das Bewusstsein für zeitgenössische Musik. Der Verband Deutscher Konzertchöre hat 330 Mitgliedschöre und steht in der Tradition des 1925 gegründeten Reichsverbandes der gemischten Chöre Deutschlands. Er ist gegliedert in Landesverbände. Seine Aufgabe ist die Pflege wertvoller Chormusik mit besonderer Förderung des zeitgenössischen Chorschaffens in Aufführungen von hohem künstlerischem Anspruch. Unser in Jahrhunderten entstandenes Kulturgut an Oratorien, Kantaten und Messen steht für die größeren Konzertchöre und die gleichermaßen anspruchsvolle A-cappella-Literatur für Kammerchöre gleichermaßen im Mittelpunkt der Arbeit des VDKC und seiner Gliederungen. Der Arbeitskreis Musik in der Jugend wurde 1947 in Hamburg gegründet. Er ist ein Bundesverband mit mehreren Landesverbänden und Sitz in Wolfenbüttel. Ihm gehören 259 Chöre an. Er sieht seine Hauptaufgabe im Bereich der außerschulischen Jugendmusikpflege. Der AMJ ist ein Chorverband vor allem für Kinder- und Jugendchöre, Schul- und Hochschulchöre, sowie für leistungsbezogene Erwachsenenchöre, denen Weiterbildungsangebote und das internationale Profil des AMJ wichtig sind. Ähnlich verhält es sich beim Internationalen Arbeitskreis für Musik, der in seinen Anfängen bis in die Jugendmusikbewegung zurück reicht. Als Arbeitskreis für Haus- und Jugendmusik gegründet, definierte er um 1970 seine musikalische Fortbildungsarbeit für Jugendliche und Erwachsene grenzübergreifend unter seinem heutigen Namen. Ihm gehören neben anderen Mitgliedern auch 25 Chöre an. Jährlich werden rund 80 Musikwochen und -lehrgänge durchgeführt. Insgesamt sind in diesen weltlichen Chorverbänden also 19.477 Chöre organisiert. Daneben bilden kirchlich orientierte Chöre in ihren Chorverbänden mit weiteren 25.848 Chören den größeren Bereich. Dazu zählt für den katholischen Bereich der Allgemeine Cäcilien-Verband, der 1868 gegründet und 1870 als Organisation päpstlichen Rechts bestätigt wurde. Ihm gehören unter anderem die Diözesan-Cäcilienverbände der Bistümer Deutschlands mit ihren 15.673 Kirchenchören sowie der Deutsche Verband Pueri Cantores mit 270 Chören an. Die Aufgaben sind bestimmt von den Belangen der katholischen Kirchenmusik. Die Pflege des Gregorianischen Chorals, der Polyphonie aus älterer und neuerer Zeit, des Kirchenliedes, der Orgelkunst und der Instrumentalmusik zählen dazu. Schließlich ist der Verband evangelischer Kirchenchöre Deutschlands mit 9.905 Chören zu nennen, der 1883 in Frankfurt/M. als Evangelischer Kirchengesangverein gegründet und dem 1933 sein heutiger Name gegeben wurde. Er schließt die landeskirchlichen Chorverbände zu gemeinsamer Arbeit im Dienst der Musik am Evangelium zusammen. Ihm gehören auch das Chorwerk der Evangelischen Brüderunität in Deutschland, das Chorwerk der Selbständigen evangelisch-lutherischen Kirche, der Christliche Sängerbund und der Evangelische Sängerbund an. Er nimmt alle Aufgaben wahr, die der Beratung und Unterstützung der Landesverbände in ihrer Arbeit dienen, um das gottesdienstliche Leben in den Gemeinden zu fördern. Mit dem Ziel, „das vokale Laienmusizieren als kulturelle Gemeinschaftsaufgabe zu pflegen und zu fördern sowie die dafür erforderlichen Maßnahmen zu koordinieren“, kommt die ADC verbandsübergreifenden Aufgaben nach. Die Chorverbände sind in Anlehnung an die föderalen Strukturen in Landesverbände sowie entsprechend anderer regionaler oder kirchlicher Bereichsstrukturen gegliedert. In einem Gefüge von Zugehörigkeiten arbeiten die Verbände auf allen Ebenen mit pädagogischen und musikalischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen, den Gliederungen des Deutschen Musikrates, des Deutschen Kulturrates und vielen anderen Einrichtungen zusammen. Bei den seit vielen Jahrzehnten unveränderten Strukturen des verbandlichen Chorwesens deuten sich zurzeit Veränderungen an. Der Deutsche Sängerbund beabsichtigt eine Namensänderung, die den Wandel zu einem Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche gleichermaßen repräsentierenden Verband deutlich macht. Der Deutsche Allgemeine Sängerbund bekundet seine Absicht des Zusammengehens mit dem Deutschen Sängerbund unter dem neuen Namen. Das wird auch für die übrigen Chorverbände und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände beträchtliche Auswirkungen haben. Freizeit, Ehrenamt, BerufMusikpflege ist nach Sport die größte in sich geschlossene Freizeitaktivität. Täglich 65 Minuten wendeten 16 Millionen Bundesbürger im Jahr 1992 für Musik und Kultur auf. Rund fünf Konzerte oder andere Darbietungen jährlich, mehr als zwei Stunden Probe wöchentlich und zusätzliche Aktivitäten der Chormitglieder ergeben einen Freizeitaufwand von 145 Stunden im Jahr je Sängerin und Sänger, die damit mehr als fünf Prozent der verfügbaren Freizeit verbringen. Ohne diesen beträchtlichen Einsatz wären viele kulturelle Veranstaltungen nicht möglich. Wenn man regional bezogene Daten auf das Bundesgebiet berechnet, leisten 500.000 ehrenamtlich mit dem Chormanagement befasste Chormitglieder zusätzlich jeweils 120 Stunden jährlich, das sind insgesamt 60 Mio. Stunden. Sie wenden damit weitere fünf Prozent ihrer Freizeit für den Chorgesang auf. Im allgemeinen hat in den Chören lediglich der Chorleiter eine entsprechende Berufsausbildung. Der Ausbildungsstand ist jedoch sehr unterschiedlich. Zukunft des Chorgesangs„Nur wer gut ist, wird nach 2000 noch bestehen können“, wurde für die Chöre vorausgesagt. Die Zuhörer setzen professionelle Maßstäbe. Sie vergleichen mit Aufnahmen auf Tonträgern und mit Rundfunk- und Fernsehsendungen. Sie sind immer weniger bereit, für das Live-Konzerterlebnis qualitative Zugeständnisse zu machen. Ihre Erwartungen orientieren sich an hohen Eintrittspreisen, welche in der Regel notwendig sind, um anspruchsvolle Konzerte zu gestalten. Kulturpflege – die Aufführung der Chorkompositionen als ein wertvolles überliefertes Kulturgut, die Vermittlung der unermesslichen Vielfalt der Chormusik, die Einführung in die Werke mit ihrer Einstudierung und Darbietung – bleibt eine Aufgabe, der sich auch in Zukunft viele Menschen in künstlerischer Verantwortung und zu ihrer eigenen Erfüllung annehmen werden. Die Vermittlung musikalischer Erlebnisse vor Ort sowie bei Reisen im In- und Ausland und die mit dem gemeinsamen Singen verbundene geistige, kulturelle, gemeinnützige und Völker verbindende Dimension ist das herausragende Merkmal des Chorgesangs. Im Blick auf eine zufrieden stellende Gegenwart unserer Chöre kann ihnen eine gute Zukunft vorausgesagt werden.
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