Eingedenk dessen gründete die Sächsische Staatsoper im Jahr 1989 gemeinsam mit der Dresdner Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ das Opernchorstudio (OCS), eine Ausbildungsstätte ausschließlich für Opernchorsänger. Damit wollte sich die Semperoper nicht nur eine Nachwuchsschmiede für den eigenen Opernchor schaffen, sondern ein Signal für die spezifische Berufsausbildung zum Sänger im Chor setzen. Dieses praxisbezogene Studium für Berufschorsänger als Gemeinschaftsprojekt zwischen einem Opernhaus und einer Musikhochschule ist bis heute in Deutschland vorbildhaft. Chor- und Ensemblearbeit oder die Vermittlung chorspezifischen Repertoires sind nicht zweitrangig, sondern stehen bereits zu Studienbeginn an erster Stelle. Denn zuverlässige und gut ausgebildete anpassungsfähige Stimmen werden im späteren Berufsleben, im Opernchor, vorausgesetzt. Das OCS hat als Bestandteil der Sächsischen Staatsoper einen Ausbildungsvertrag mit der Dresdner Musikhochschule. Die Studenten wiederum sind mit einem Ausbildungsvertrag an die Oper gebunden. 58 Studenten beendeten seit der Gründung des OCS ihr Studium zum Opernchorsänger. 48 von ihnen erhielten nach ihrer Ausbildung ein sofortiges Engagement, davon 22 allein an der Semperoper. In den ersten Jahren des Bestehens der Ausbildungsstätte waren die Absolventen vorwiegend in sächsischen Opernchören zu finden, heute werden sie an Opernhäusern in ganz Deutschland engagiert. Selbst in Chören Österreichs und der Schweiz sind Sänger zu erleben, die am OCS in Dresden ausgebildet wurden. Breites SpektrumDoch bis dahin ist es ein weiter Weg. Der ausgefüllte Alltag eines Studenten bewegt sich zwischen Unterricht, Probe und Vorstellung. Derzeit belegen acht OCS-Studenten (vier weiblich, vier männlich) an der Musikhochschule folgende Fächer: Musikgeschichte, Neue Musik, Alte Musik, Psychologie/Pädagogik, Formenkunde, Gehörbildung/Tonsatz, Methodik, Stimmphysiologie und Italienisch. An der Semperoper kümmern sich 16 qualifizierte Fachlehrkräfte um ihre Schützlinge und garantieren ein außergewöhnlich praxisorientiertes Niveau. Gesangsunterricht wird im Hauptfach von Solisten oder ehemaligen Solisten der Oper erteilt. Hinzu kommen Chorpartienstudium, Sprecherziehung, Dramatischer Unterricht, Bewegungs- und Bühnentanz sowie Klavier. Für die Vermittlung dieser Fächer zeichnen der stellvertretende Chordirektor, Schauspieler und Pädagogen des Staatsschauspiels Dresden, Regisseure und Regieassistenten, eine ehemalige Tänzerin der Oper sowie eine Hochschulklavierpädagogin verantwortlich. 30 bis 40 Bewerbungen gehen jährlich für die begehrten acht Studienplätze ein. Das Niveau der Bewerber (Altersgrenze 18 bis 28 Jahre) differiert und bewegt sich zwischen „kindlich-naiv“ und „professionell“, wie es Enrico Schubert, Leiter des OCD, bezeichnet. Trotz der hohen Bewerberzahl sucht das OCS derzeit zweite Altistinnen sowie erste und zweite Tenöre. Die allgemeine Hochschulreife wird vorausgesetzt und zur Aufnahmeprüfung wird das Vortragen eines Kunstliedes, eines Volksliedes und einer leichten Arie erwartet. Frühe EinbindungWer die Immatrikulation am OCS „in der Tasche“ hat, schreibt sich in der Musikhochschule ein und entrichtet dort seine Studiengebühren. Ab dem zweiten Studienjahr werden die Studenten in die Vorstellungen der Semperoper und in die Konzerte der Sächsischen Staatskapelle eingebunden. Dafür erhalten sie ein Gehalt in Höhe des Bafög eines Studenten an der Musikhochschule. In der Spielzeit 2005/2006 kann das Opernpublikum die Studenten in den Inszenierungen von Puccinis „Turandot“, Brecht/Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ und in Verdis „Macbeth“ erleben. Wenn das vierjährige Studium an der Hochschule für Musik mit der Diplomprüfung beendet wird und ein Absolvent überdurchschnittliche Leistungen nachweisen kann, besteht die Möglichkeit eines zweijährigen Aufbaustudiums zum Solisten. Die Sopranistin Patricia Bänsch hat diese Chance wahrgenommen und erhielt ein Engagement als Solistin am Theater Görlitz. Auch einige freischaffende Sänger bewähren sich im Konzertalltag. Doch das bildet wohl eher die Ausnahme und sollte es auch bleiben. Denn nach wie vor ist das Ziel des Opernchorstudios, den Bestand der Opernchöre mit fundiert ausgebildeten Chorsängern zu sichern. Barbara Lieberwirt
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