Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Unschätzbarer Aktivposten
Kulturthesen wider die Schließungsdebatte
Den Nachwuchs ernst nehmen
Musiktheater für junges Publikum
Vom Original und seinen Variationen
Zum aktuellen Stand der Musikvermittlung

Portrait
Im Schatten des Musiktheaters
Die Stadt München und ihr Tanztheater
Eigentlich geht es uns gut
Das Theater für Niedersachsen
Aufbruch in die Zukunft
Die John Cranko Schule feierte 40. Jubiläum

Berichte
Konzentriertes Heldentum
Peter Breuers „Siegfried“ in Karlsruhe
Konwitschnys Abschied aus Leipzig
Verdis „Macbeth“ an der Leipziger Oper
Paukenschlag aus der Provinz
Salvatore Sciarrinos „Luci mie traditrici“ in Passau
Grell-schöne Turandot-Show
Puccini als 3D-Totaltheater in München
Neue Nussknacker-Positionen
Inszenierungen in Deutschlands Süden

VdO-Nachrichten
Nachrichten
VdO-Geschäftsstelle zieht um! – Änderung in der Sozialgesetzgebung 2012 – Wir stellen vor: Köpfe der VdO: Henrik Czerny, Mitglied des Bundesvorstands – Tarifrunde 2012 – Werbungskosten bei wechselnden Tätigkeitsstätten – Wir gratulieren
Forum: Leserbrief zum Beitrag: „Ein freier Abend pro Woche ist zu wenig“, Ausgabe 6/ 2011

Service
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Stellenmarkt
Spielpläne 2011/2012

 

Berichte

Konzentriertes Heldentum

Peter Breuers „Siegfried“ in Karlsruhe · Von Vesna Mlakar

Was gut ist, entscheide ich!“ Seit der Spielzeit 2003/2004 regiert Stuttgarts ehemalige Spitzenballerina Birgit Keil (flankiert von Ex-Ensemblekollege Vladimir Klos) das Ballett am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Ihr Erfolg ist dabei ebenso beachtenswert wie ihre liebenswürdige, absolut professionelle Resolutheit. Schließlich müssen von Produktion zu Produktion nicht nur Zuschauer für das 30-köpfige Ensemble gewonnen, sondern auch die Sponsoren bei Spendierlaune gehalten werden. Wie das auf elegante und charmanteste Art und Weise geht, demonstrierte Birgit Keil im Anschluss an die zwar nicht frenetisch, aber doch heftig beklatschte „Siegfried“-Uraufführung im nahezu ausverkauften Großen Haus. Und räumte dabei eventuell bestehende Zweifel an der Wahl des insgesamt recht düster geratenen Sujets für die erste Ballettpremiere unter der neuen Intendanz von Peter Spuhler entschlossen aus dem Weg: „Mit seinem neuen Werk ‚Siegfried‘ hat Peter Breuer sich unserem Spielzeitmotto ‚Von Helden‘ gewidmet und die Sage um den ersten Helden der deutschen Literatur zu einem Ballett geformt. Die Arbeit mit Peter Breuer bedeutet nicht nur mentale Hingabe, sondern natürlich vor allem großen körperlichen Einsatz, denn sein Stil ist ausgesprochen kraftvoll und dynamisch. Das Ensemble hat sich dieser Herausforderung mit vollem Einsatz erfolgreich gestellt.“ Das Erstaunliche daran: Man kann nicht widersprechen. Es stimmt!

 
Ensemble der Karlsruher Compagnie. Foto: Jochen Klenk
 

Ensemble der Karlsruher Compagnie. Foto: Jochen Klenk

 

Schon die Übernahme von Peter Breuers 2005 in Salzburg uraufgeführtem Ballett „Tschaikowsky“ war 2008 in Karlsruhe gut angekommen. Nun also eine Kreation, die inhaltlich auf das mittelalterliche Nibelungenlied zurückgreift, in seiner musikalischen Zusammensetzung aus Kompositionen von John Adams, Franz Liszt und Richard Wagner dabei (natürlich stringent unerfüllt) Assoziationen an den „Ring“-Siegfried heraufbeschwört. Hat Wagner doch dem Mythos „Siegfried“ einen Stempel aufgedrückt, wie kein anderer. Dazu kommt hier – mehr noch als in Dessau, wo Tomasz Kajdanski Anfang März 2011, ebenfalls mit Dorin Gal als Ausstatter, „Die Nibelungen: Siegfriedsaga“ (Musik: „Ring ohne Worte“ von Carlos Kalmar) nach Friedrich Hebbels Dramatisierung choreografisch umsetzte – die hohe Symbolhaftigkeit der raffiniert-schlicht-multifunktionalen Bühnenausgestaltung zum Tragen: formverhaftet in einer riesigen Ringscheibe, die mal von der Decke auf halbe Bühnenhöhe herabgelassen die Protagonisten quasi ausweglos umschließt, später schräg aufgebäumt das Nachtlager von Brünhild säumt.

So schleichen sich Verständnisirritationen ein, die sich nicht unbedingt ohne Blick ins Programm klären – trotz der an sich dramaturgisch und kostümdesignerisch schicken Idee des Gespanns Breuer (Choreografie) und Andreas Geier (Libretto), dem Quartett Siegfried (blondes Glückskind: Admill Kuyler), Kriemhild (zart und temperamentvoll als eigentliche Schlüsselfigur: Bruna Andrade), Brünhild (ungezähmte Punkbraut: Barbara Blanche) und Hagen (zackig auf Draht: Andrey Shatalin) personifizierte mystische Begleiter in Gestalt einer Amazone, eines Adlers, eines Pferdes und einer Krähe zuzugesellen.

Dafür zäumt Breuer den Stoff, der Kriemhilds Verrat von Siegfrieds einzig verletzlicher Stelle und den daraus resultierenden Mord Hagens zum Kern hat, regelrecht von hinten auf. Um ihn sodann gleich zweimal – als traumhafte Erinnerungsparabel Kriemhilds zuerst, dann beginnend mit Siegfrieds Taten (Sieg über den Drachen), seinem Verlangen nach der Wormser Prinzessin und seiner Unterstützung bei Gunthers Werben um Brünhild und dem Konkurrenzdisput der beiden Frauen – Szene für Szene aufzurollen. Optisch schöner Auftakt dazu: Ute, Kriemhilds Übel vorausahnende Mutter, die in wallenden schwarzen Stoff gehüllt mit überlangen Armen im (Sound-)Wind um Gleichgewicht ringt, bevor sie den Blick auf das Corps de Ballet im Hintergrund freigibt.

Vor allem in den Gruppenpassagen der Höflinge und Walküren geht tanzmäßig in den folgenden zwei Stunden sprunggewaltig und Beine werfend die Post ab. In den stilleren, intimeren Sequenzen vermag Breuer es, den Erzählfaden anschaulich zwischen seinen Protagonisten – genannt sei noch Flavio Salamanka als ergeben-sanftmütiger Gunther – durch kleine Soli, Pas de deux und Trios zu führen. Um handlungstreibend zweckgemäß ein Kaleidoskop an Emotionen aufzublättern, die nach manch hitzigem Ausbruch berührend in Kriemhilds Erkenntnis von Schuld gipfeln.

Eine ähnlich starke Rollenentwicklung bleibt Breuers Siegfried versagt. Vielmehr verpufft seine jugendliche Kraftausstrahlung in hohlem Pathos, das sich neben einfühlsamem Partnering vornehmlich aus raumgreifendem Dahinschreiten und In-die-Brust-Werfen speist. Hier hätte man „dem Affen mehr Zucker“ gewünscht, vergleichbar Mario Schröders 14-Tänzer-Pendant in dessen Kieler „Nibelungenlied“.

Vesna Mlakar

startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner