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Rezensionen

Musiktheaterkritiken

Caroline Wiese (Hg.), Musiktheater im Legitimationsdiskurs. Strategien und Strukturen in Musiktheaterkritiken zwischen 1987 und 2007. 300 S., Transkript Verlag Berlin 2023, 49 Euro

Mit Max Reger wäre es ganz einfach zu sagen: „Ich sitze im kleinsten Raum des Hauses. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“ Doch in ihrer überarbeiteten Dissertation untersucht Caroline Wiese „im öffentlichen Diskurs verdichtete Wissensinformationen, Narrative und diskursive Legitimationsstrategien für den Geltungsbereich des Musiktheaters“ – es dominiert durchweg das teils verstiegene Soziologie-Deutsch der „1980er ff“-Jahre, und das schmälert das Leseinteresse drastisch.

Nach einer über 50-seitigen Darlegung ihrer Methode und des Materials, ihrem „diskursanalytischen Ansatz in wissenssoziologischer Perspektivierung“, in dem sie „diskurstheoretische Aspekte operationalisiert“, zerlegt sie dann im Hauptteil bürgerliche Werte und Habitus, trennt streng intellektualisiert Kunst und Unterhaltung, untersucht Aktualität sowie Akteure und schaut auch auf ökonomische Positionen – eingehender leider nur am Beispiel des Musicals „Starlight Express“, Grundsätzliches reichlich kurz angesichts des bundesrepublikanischen Musiktheaterreichtums. Unter dem Zitat „Musiktheater stiftet Zinsen in unserem Kopf“ macht sie dann eine „synthetische Rückschau auf die Gattungen“, sieht „Universalität durch Widerspruch“, eine „symbolische Sinnwelt“, die „gesellschaftlich konstruierte Wirklichkeit einer großen Erzählung“. In ihre Überlegungen hat Wiese zahlreiche kurze und dann auch absatzlange Zitate aus gedruckten Kritiken der Jahre etwa 1993 bis 2007 eingearbeitet. Damit lässt sich einerseits viel und auch allzu Divergierendes belegen. Für langjährige Besucher des Musiktheaters, die eventuell ihre „Liebe“ kritisch „geröntgt“ lesen wollen, hält sich der Erkenntnisgewinn in Grenzen.
Viel bodenständiger hätte Wiese danach fragen sollen, ob nicht ein Rezensent etwa der „Mittelbayerischen Zeitung Regensburg“ anders über eine Aufführung der Bayerischen Staatsoper schreiben sollte oder geschrieben hat, als der einer Münchner Zeitung: der eine für einen Großteil seiner Leser, die die Aufführung nicht sehen werden, während der andere ortsansässige Opernfreunde als Zielgruppe hat. Ebenso wären statt „Strategien“ klare Alltagsfragen zu untersuchen: ob etwa in auflageschwächeren Regionalzeitungen ganz anders aus- oder nicht ausgebildete Rezensenten zum Einsatz kommen als in den großen Feuilletons. Spielt nicht die von der Redaktion eingeräumte Länge auch eine große Rolle? Die von Wiese überwiegend angeführten Satz-Häppchen ebnen das alles ein. Der Satz auf der Cover-Rückseite fasst den Lesegewinn kompakt zusammen: „Unabhängig von Gattung und Werk werden teils widersprüchliche Strategien wirksam.“

Wolf-Dieter Peter

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