Wer Vorstellungen in den beiden kleinen anheimelnden Häusern
in Freiberg oder Döbeln erlebt, spürt sofort, wie da jeder
mit ganzem Einsatz und echter Spielfreude agiert und singt. Der
vielfältige Spielplan brachte in den letzten Jahren Werke wie
Mozarts „Zauberflöte“, Konradin Kreutzers anderswo
kaum noch aufgeführtes „Nachtlager von Granada“,
Lortzings frühe Liederspiele „Der Weihnachtsabend“
und „Der Pole und sein Kind“, Lortzings ebenfalls selten
gespielten „Hans Sachs“ (dessen jugendliche Abenteuer
durchaus als erster Teil zu Wagners „Meistersingern“
verstanden werden können), Wagners „Fliegenden Holländer“
(mit dem das Ensemble auch auswärts, so in Straßburg
und in Dänemark, gastierte), Verdis „Traviata“,
Bizets „Carmen“, auch Victor Nesslers einst beliebte
Opern „Der Trompeter von Säckingen“ und „Der
Rattenfänger von Hameln“, Puccinis „Bohème“,
Brittens „Sommernachtstraum“. Als Weihnachtsoper steht
nicht nur Humperdincks „Hänsel und Gretel“ im Repertoire,
sondern war vor wenigen Jahren auch Hans Pfitzners „Christelflein“
in stimmungsvoller Inszenierung in ausverkauften Vorstellungen zu
erleben. Als besondere Herausforderung für das Theater erwies
sich die Aufführung des dritten Aktes der Wagnerschen „Meistersinger“
in der als Konzerthalle dienenden Nikolaikirche. Am Ende der jetzigen
Spielzeit wird in der Nikolaikirche Claudio Monteverdis „Orfeo“
die ganze Kraft des Theaters, auch des Chores fordern. Voller EinsatzDie Theaterbesucher werden schnell von der Intensität der Gestaltung und der Spielfreude erfasst. Da gibt jeder sein Bestes. Wer mit Akteuren spricht, erfährt, dass die Solisten, Chorsänger und Orchestermusiker mit Leib und Seele dabei sind, dass Theater ihr Leben ist. Die 17 Chormitglieder (zu den 16 angestellten kommt noch ein begeisterter und voll einsatzfähiger „Ruheständler“) stehen in fast allen Stücken auf der Bühne. So bereiteten Ensemble, Chor und Orchester im März mit großer Einsatzbereitschaft die Einstudierung der kaum noch gespielten Lortzing-Oper „Rolands Knappen“ vor. In der geraten die drei Knappen des in der Schlacht gegen die Sarazenen gefallenen sagenhaften Ritters Roland in allerlei verhängnisvolle Situationen und haben mancherlei Abenteuer zu bestehen. Vor allem der Männerchor hat da zu tun und wird von einigen Studenten des Freiberger Universitätschores verstärkt. Kulturraum-EnsembleEntstanden ist die jetzige Theater-GmbH durch eine Neugründung. Der Kreisrat Döbeln löste das seit 120 Jahren bestehende Döbelner Stadttheater am 31. Dezember 1992 auf und überließ dessen Mitglieder ihrem Schicksal. Das schon 1791 eröffnete Freiberger Stadttheater hatte auch seine Sorgen. Nach mancherlei Überlegungen und Erörterungen wurde nicht zuletzt dank des sächsischen Kulturraumgesetzes die jetzige Lösung gefunden. Ein Ensemble in der Größe, wie es vorher jedes der beiden Theater hatte, wurde für den mittelsächsischen Kulturraum gebildet. Arbeitslos gewordene Döbelner Künstler fanden wieder eine Wirkungsstätte. Gesellschafter des Theaters sind die Städte Döbeln und Freiberg sowie der Landkreis Freiberg. Den größten Teil des Etats erhält das Theater vom Kulturraum Mittelsachsen, zu dem die Landkreise Döbeln, Freiberg und Mittweida gehören. Entsprechend spielt das Theater nicht nur in den beiden Stammhäusern, sondern auch in anderen Orten des Kulturraumes. Werner Wolf
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