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Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Brandenburg

Kein Bundesland hat so rüde den Abbau seiner Theater und Orchester betrieben, wie das Land Brandenburg; das „Städtebundtheater“ der Städte Brandenburg, Frankfurt/Oder und Potsdam funktioniert mehr schlecht als recht, Senftenberg und Schwedt halten sich engagiert, aber unterfinanziert mit Schauspiel über Wasser, das Kleist-Theater und die Oper Frankfurt wurden ebenso aufgelöst wie fünf der ehemals zehn Orchester. Jetzt soll es auch dem 70 Mitglieder umfassenden Deutschen Filmorchester Babelsberg, das auch die Elblandfestspiele in Wittenberge bespielt, an den Kragen gehen. Kulturministerin Johanna Wanka ließ wissen, das Land sei nicht mehr in der Lage, die jährlich 750.000 Euro Fördermittel zu zahlen. Angesichts des ohnehin kargen Gesamtetats des Orchesters in Höhe von 1,7 Millionen Euro würde das sein Ende bedeuten.

Das Land Brandenburg gibt gerade mal ein Prozent seines Haushalts für Kunst und Kultur aus. In Artikel 37 seiner Verfassung heißt es: „Die Kunst... bedarf der öffentlichen Förderung, insbesondere durch Unterstützung der Künstler. Das kulturelle Leben in seiner Vielfalt und die Vermittlung des kulturellen Erbes werden öffentlich gefördert.“

Chemnitz

Die von der Stadt Chemnitz im Rahmen ihres Konsolidierungshaushalts angekündigten Kürzungen der Betriebszuschüsse für die Theater gGmbH (s. O&T Ausgabe 2/05, S. 6) liegen jetzt konkret vor: Im Geschäftsjahr 2005/2006 wird der Zuschuss um 229.000 Euro gekürzt, im Geschäftsjahr 2006/2007 um weitere 500.000 Euro und im Geschäftsjahr 2007/2008 nochmals um 250.000 Euro. Unter Einrechnung der zu erwartenden Tarifanhebungen (Ost-West-Angleichung auf 97 Prozent) bedeutet das einen Gehaltsverzicht der Beschäftigten des Theaters von 7,5 Prozent im ersten, von 11,5 Prozent im zweiten und von 14,5 Prozent im dritten Geschäftsjahr; der mathematische Freizeitausgleich beliefe sich auf zunächst 15, dann 24, zuletzt 31 Arbeitstage.

Erschwert sind die bereits aufgenommenen Gespräche über die Möglichkeiten einer haustarifvertraglichen Lösung durch den anstehenden Wechsel in der Geschäftsführung der gGmbH: Generalintendant Rolf Stiska scheidet Ende der Spielzeit 2005/2006 aus seinem Amt, als Nachfolger ist der Chefdramaturg der Oper Leipzig und Direktor der Musikalischen Komödie, Bernhard Helmich, vorgesehen.

Freiburg

Die Grünen in Freiburg, allen voran ihr Oberbürgermeister Dieter Salomon, scheinen das große Problem der Entsorgung von Atommüll experimentell an der Entsorgung von Kultureinrichtungen proben zu wollen: Alles, was da strahlt, gehört weg. Jüngst erst haben sie sich im Gemeinderat gegen die Fortsetzung des internationalen Freiburger Theaterfestivals ausgesprochen.

 
Idyllisch, aber bedroht: Das Freiburger Theater. Foto: Theater
 

Idyllisch, aber bedroht: Das Freiburger Theater. Foto: Theater

 

Hauptbetroffener ist das Theater Freiburg, dessen erfolgreiche Intendantin Amélie Niermeyer vorzeitig an das Düsseldorfer Schauspielhaus wechselt. Stephan Mettin, Professor am Studiengang Musiktheaterregie an der Hamburger Musikhochschule, wird in der Spielzeit 2005/2006 interimistisch das Haus leiten bis Barbara Mundel, derzeit Chefdramaturgin der Münchner Kammerspiele, die Intendanz übernimmt. Niermeyer gelang es binnen drei Jahren, die Zuschauerzahlen um ein Viertel zu erhöhen, sie erfüllte die Sparauflagen von rund 1,4 Millionen Euro (Kürzung des städtischen Betriebzuschusses von 14,4 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 13,8 Millionen im Jahr 2003), und sie verhalf dem Theater und damit der Stadt zu künstlerischem Ansehen. Der Dank bestand neben vielleicht noch nachvollziehbaren kritischen Kommentaren zu ihrer vorzeitigen Vertragsauflösung („illoyal“ und „feige“ nannte sie der OB) vor allem in weiteren Sparauflagen, die vor der Presse zu kommentieren Salomon „als ihr Dienstherr“ der Intendantin verbot, und in einem wüsten Streit darüber, ob denn das Theater tatsächlich Mehreinnahmen erzielt, Einsparungen erbracht habe: „Keinen Cent“, erklärte der grüne Dienstherr und bezichtigte den Verwaltungsdirektor der Lüge. Von Lügen war auch öffentlich die Rede, als es um die Frage ging, wer denn die hanebüchene Idee in die Welt gesetzt habe, das theatereigene Philharmonische Orchester mit dem ebenfalls in Freiburg beheimateten SWR-Sinfonieorchester zu fusionieren (s. O&T Ausgabe 2/05, S. 6). Das Theater? Der Oberbürgermeister? Oder gar die künftige Intendantin Mundel, wie der Oberbürgermeister der „Badischen Zeitung“ sagte?

Zurzeit herrscht Burgfrieden. Da die Mehrheitsfraktionen der Grünen und der CDU sich über Höhe und Modalitäten der weiteren Betriebszuschuss-Kürzungen in den ersten Haushaltslesungen nicht einigen konnten, bleibt der Theateretat für die Jahre 2006 und 2007 unberührt. Grünen-Fraktionsvorsitzende Maria Viethen baut schon vor: „Wir sehen große Vermittlungsprobleme für das Theater.“

Plauen-Zwickau

Dramatisch ist die Lage in der im Jahr 2000 fusionierten Theater Plauen-Zwickau gGmbH. Die Stadt Plauen kürzt ihren Betriebszuschuss für die Spielzeiten 2005/2006 und 2006/2007 um jeweils 393.000 Euro (also von bisher 3.348.962 auf 2.955.962 Euro), die Stadt Zwickau um jährlich 500.000 Euro (also von bisher 4.243.937 auf 3.743.937 Euro). Beide Städte knüpfen ihre Bereitschaft, das Theater überhaupt noch zu finanzieren, an die Bedingung, dass die Zuschussminderung durch Abschluss eines Haustarifvertrages mit entsprechendem Gehaltsverzicht der Beschäftigten ausgeglichen wird. Beide Städte sind nicht bereit, eine Finanzierungszusage für die Spielzeit 2007/2008 abzugeben. „Wenn es jetzt keinen Haustarifvertrag gibt, soll die Gesellschaft in die Insolvenz gehen; wenn Zwickau, wie angekündigt, seinen Zuschuss für 2007/2008 um weitere 500.000 absenkt, soll die Gesellschaft im Sommer 2007 Insolvenz anmelden, weil die Fusion dann nicht mehr funktionieren kann,“ erklärte Plauens Bürgermeister Uwe Täschner.

Was wird angesichts dieses Szenariums den Tarifparteien anderes übrig bleiben, als einen entsprechenden Vertrag abzuschließen, um das Theater mit seinen 347 Beschäftigten wenigstens noch für zwei Spielzeiten zu erhalten?

Saarbrücken

Aus dem Saarländischen Staatstheater, dessen Betriebszuschüsse in den Jahren 2006 bis 2009 schrittweise von derzeit 24,5 Millionen Euro auf 18,5 Millionen pro Jahr gemindert werden sollen, ist ein erstaunlicher Vorgang zu vermelden. Das Theater gab eine Pressemeldung folgenden Inhalts heraus: „Auf Wunsch des Kultusministers und mit Unterstützung der Sponsoren ,energis‘ und ,Karlsberg UrPils‘ wird das Saarländische Staatstheater in der kommenden Spielzeit (2006/2007) ,POE – Pech und Schwefel‘ weiter auf den Spielplan nehmen. Sieben Termine im Oktober und November wird es geben, bevor das Musical von Frank Nimsgern und Heinz Rudolf Kunze dann nach München umzieht. Ab dem 24. November 2005 werden dort beim ,Tollwood Festival‘ auf der Theresienwiese 35 Vorstellungen bis zum Jahresende zu erleben sein.“

Die Intendanz hatte geplant, das Musical trotz guter Besucherzahlen zum Ende der laufenden Spielzeit abzusetzen, da die Kosten die Einnahmen überstiegen. Der Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, Jürgen Schreier, hielt dagegen: Ließe das Theater das hauseigene Ballett tanzen, entfielen die Gagen für die hinzuengagierten Musicaltänzerinnen (7) und -tänzer (2) und die Vorstellungen würden schwarze Zahlen schreiben.

Kurz darauf wurde bekannt, dass der Vertrag mit Saarbrückens Ballettdirektorin Marguerite Donlon bis 2009 verlängert wurde, dass also die Sparte Ballett trotz der Betriebszuschuss-Kürzungen zumindest bis dahin erhalten bleibt. Doch, wen wundert’s, Donlons fünfzehnköpfige Compagnie wird künftig auch in Oper-, Operetten- und Musicalproduktionen mitwirken und kann im Tanztheater dann nur noch zwei statt wie bisher drei eigenchoreografierte Aufführungen herausbringen. Dies entspräche auch den Konzeptionen der von der Landesregierung eingesetzten Expertenkommission, wusste die „Saarbrücker Zeitung“ zur berichten.

Kaum noch eine Überraschung war es dann, dass der Generalintendant des Saarländischen Staatstheaters, Kurt Josef Schildknecht, zwei Wochen nach der Vorlage des um fünf Premieren im Schauspiel, zwei im Musiktheater gekürzten Spielplanes für 2005/2006 seinen Rücktritt zum Ende eben dieser Spielzeit ankündigte, drei Jahre vor Ablauf seines bis Juli 2009 geltenden Vertrages. Er sähe sich nicht in der Lage, die Sparauflagen umzusetzen: „Ich müsste mich in einem Maße verbiegen, wie ich es nicht kann.“

Den jetzt anstehenden Verhandlungen über Haustarifverträge, die neben Spielortschließung und Sachmittelkürzungen die von der Landesregierung beschlossenen Betriebsmittelkürzungen zu Lasten der Beschäftigten auffangen sollen, darf man angesichts des zwischen den Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder schwelenden Tarifkonflikts gespannt entgegensehen.

 

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