Was der SWR-Intendant im Laufe vieler Monate zum Thema Kulturauftrag des Rundfunks, Musik im Funk und so fort geäußert hat, wirkt in seiner formalistischen Starrköpfigkeit nur mehr gespenstisch und dabei doch höchst real: Denn wer die Macht hat… setzt sie auch ein. Der Ordnung halber ließ Voß seine Einsparvorlagen noch vom Verwaltungsrat des SWR und jetzt vom Rundfunkrat des Senders abnicken. Immerhin fassten zwanzig Rundfunkratsmitglieder den Mut, die Vorlage zurückzuweisen (bei drei Enthaltungen und 31 Ja-Sagern). Man braucht den Lesern dieser Zeitschrift nicht zu erklären, was für ein sensibler Organismus ein Hochleistungsensemble wie das SWR-Vokalensemble ist. Jeder Eingriff in die Struktur, in das Funktionieren des Klangkörpers, kann zu schweren Schäden bis hin zum Tod führen. Aber womöglich ist das ja insgeheim auch beabsichtigt: Stellenstreichungen, Vorruhestandsregelungen, Zweidrittel-Stellen, Aushilfen et cetera – mit solchen Begriffen aus dem Vokabular einer Arbeitsagentur versucht man dem Vokalensemble den Wahnsinn schmackhaft zu machen, und das für eine vergleichsweise geringe Einsparungssumme, wodurch das kaum abschätzbare künstlerische Kapital, welches das Vokalensemble angesammelt hat, sinnlos verschleudert wird. Aber Peter Voß ist ja der Ansicht, dass der Rundfunk nicht
den Auftrag habe, Musikgeschichte zu schreiben. Das allerdings haben
die Sender bis zum Sankt-Peterleins-Tag schon längst getan,
und zwar mustergültig, beneidet von vielen Musikländern
in aller Welt. Den Beitrag, den die deutschen Rundfunkhäuser
nach dem Krieg für die Musik geleistet haben, darf man ohne
Einschränkungen der Musikgeschichte zuschlagen. Da nützt
es dem Herrn Professor Voß gar nichts, wenn er die Fakten
nicht zur Kenntnis nehmen will. Vielleicht kann er es auch nicht.
Man muss ja von Glück sagen, dass das Arditti String Quartet
nicht zum SWR gehört, dann würde womöglich der zweite
Geiger weggespart. Ein blöder Vergleich? Der Unterschied zur
Deformation des Vokalensembles wäre gar nicht besonders groß. Gerhard Rohde |
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