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Hintergrund

Vergangenheit und Zukunft

Theaterpreis DER FAUST wurde in Regensburg verliehen

„Wieviel Vergangenheit braucht die Zukunft des Theaters?“ So lautete die Frage der Veranstaltung, die der diesjährigen Verleihung des Theaterpreises DER FAUST voranging. Austragungsort war das Theater Regensburg. Drei Redner waren eingeladen, das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Den Start machte Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin und Präsident des Deutschen Bühnenvereins. Er startete mit der Erkenntnis, dass Theater zunächst einmal – anders zum Beispiel als ein Roman – ein „Fest des Augenblicks, der Gegenwart“ sei, also vergänglich in seiner Rezeption. Geschichten seien – als Gegenstück zum heute zu beobachtenden ökonomischen Diktat – deshalb wichtig, weil sich eine Gesellschaft über die Geschichten konstituiert, die sie sich über sich selbst erzählt. Rückgriffe auf vergangene (Theater)stoffe seien wichtig. Aber sie müssten ständig neu, angepasst, in Variationen erzählt werden. Aufgabe des Theaters sei es, gerade keinen „Eindeutigkeitsraum“ zu schaffen, keine eindeutigen Antworten zu geben, sondern Möglichkeitsräume zu öffnen.

Aleida Assmann, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und soeben ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, wollte den Begriff der „Zukunft“ im Plural verstanden wissen. Sie deckte drei Bedeutungen von Zukunft auf, indem sie zunächst eine „Modernisierungskultur“ zeichnete, in der Zukunft die Bedeutung von Bruch, Wandel, Erneuerung und Fortschritt habe und in der die Vergangenheit keine Rolle mehr spiele. Eine andere Bedeutung von Zukunft sei das Unbekannte, Ungedachte, Unerwartete. Diese könne Fatalismus ebenso zur Folge haben wie die Lust am Risiko, am Ergreifen von Chancen. Den dritten Zukunftsbegriff brachte Assmann dann in Verbindung mit dem Wunsch nach Nachhaltigkeit. Die Geisteswissenschaften orientierten sich vor allem an Bedeutung Nummer drei, sie verknüpfen Vergangenheit und Zukunft und schaffen ein notwendiges kulturelles Gedächtnis. Das Theater wiederum wandle die Vergangenheit in Quellen der Erneuerung um. Uwe Koch schließlich, Geschäftsstellenleiter des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, sprach über das Europäische Kulturerbe-Jahr 2018. „Sharing heritage“ lautet das Motto. Wenn Koch vom „teilen“ spricht, meint er auch, dass zum Beispiel Denkmalschutz im Sinne von Erhaltung unbeweglicher Kultur und lebendige (Theater)kunst gemeinsam Kultur vermitteln könnte.

Preisträger Aribert Reimann, umrahmt von Jens Neundorff von Enzberg, Intendant des Theaters Regensburg (li.), und Ulrich Khuon (re.). Foto: Markus Nass

Preisträger Aribert Reimann, umrahmt von Jens Neundorff von Enzberg, Intendant des Theaters Regensburg (li.), und Ulrich Khuon (re.). Foto: Markus Nass

Am Abend feierte die Theaterbranche dann drei Stunden lang ihre Besten. Für acht Kategorien waren jeweils drei Kandidaten und Kandidatinnen nominiert worden. Für sein Lebenswerk wurde Komponist Aribert Reimann ausgezeichnet. Laudatorin Eleonore Büning nannte ihn, der insgesamt neun Opern komponierte, einen „Menschenstimmenkenner“. Sie pries seine immense Neugierde („Reimann ist neugieriger als ganz Darm-
stadt und Donaueschingen zusammen“), die dazu führe, dass jedes Werk wieder ganz neu und anders sei als die vorherigen. Büning führte auch die politische Dimension an, die allen Werken Aribert Reimanns innewohnten.
Schließlich wurde erstmals beim FAUST ein „Perspektivpreis“ vergeben. Ausgezeichnet wurde die Aktion „40.000 Theatermitarbeiter*innen treffen ihre Abgeordneten“.

Barbara Haack


DER FAUST 2018: Die Gewinner

  • Regie Schauspiel: Thorleifur Örn Arnarsson, „Die Edda“, Staatsschauspiel Hannover 
  • Darstellerin/Darsteller Schauspiel: Barbara Nüsse, Prospero in „Der Sturm“, Thalia Theater Hamburg
  • Regie Musiktheater: Tobias Kratzer, „Götterdämmerung“, Badisches Staatstheater Karlsruhe
  • Sängerdarstellerin/Sängerdarsteller Musiktheater: Matthias Klink, Gustav von Aschenbach in „Tod in Venedig“, Oper Stuttgart/Stuttgarter Ballett
  • Choreografie: Sharon Eyal, „Soul Chain”, Staatstheater Mainz
  • Darstellerin/Darsteller Tanz: Ramon A. John, Wanderer in „Eine Winterreise“, Hessisches Staatsballett (Hessisches Staatstheater Wiesbaden/Staatstheater Darmstadt)
  • Regie Kinder- und Jugendtheater: Martina van Boxen, „Lindbergh – Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“, Junges Schauspielhaus Bochum
  • Bühne/Kostüm: Jana Findeklee / Joki Tewes, Kostüme „Wilhelm Tell“, Schauspiel Köln, Koproduktion mit dem Theater Basel

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