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Buch & CD aktuell
Ärgern
auf hohem Niveau
Michael P. Steinberg, Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele
1890 -1938. Verlag Anton Pustet, Salzburg/München 2000. 256
S., 48 Mark.
Michael P. Steinberg, Jahr-
gang 1956, lehrt Geschichte an der Cornell University, Ithaca. Seine
bereits 1890 in den USA veröffentlichte Untersuchung über
das Entstehen der Salzburger Festspiele legt der Verlag Anton Pustet
jetzt auf deutsch unter dem Titel Ursprung und Ideologie der
Salzburger Festspiele 1890 -1938 vor. Der Titel ist genau
zu lesen: Das Buch handelt vom Ursprung der Festspiele und von ihrem
ideologischen Fundament, nicht etwa von den Festspielen selbst.
Über die erfährt der Leser wenig, wenig auch über
ihre Ursprünge, die Steinberg höchst eigenwillig weder
mit dem Datum der Eingliederung Salzburgs an Österreich, noch
mit der Loslösung Österreichs aus dem Reichsverbund, sondern
mit der Gründung eines Actions-Comités für
ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg im Jahr 1890 in Verbindung
bringt.
Dass die Festspiel-Idee bereits seit den 1840er-Jahren in Salzburg
gärt, dass seit den 1870er-Jahren festspielähnliche Veranstaltungen
stattfinden, ist ihm zwar bekannt, passt ihm aber nicht ins ideologiekritische
Konzept, das darauf basiert, der Kampf um die österreichische
Identität sei ein Kampf zwischen Vertretern des
konservativen Lagers und denen einer kritischen Moderne gewesen,
die sich erst in den 1890er-Jahren zu formieren beginnt.
Aus seiner Sicht folgerichtig ist dann die eigentliche Gründung
der Salzburger Festspiele im Jahr 1920, nach dem Zusammenbruch des
Habsburgerreiches, ein Sieg des konservativen Lagers: Das
Bemühen, die Gegenwart nach dem Bild einer goldenen Vergangenheit
zu rekonstituieren und die theatralische und totalitäre
Barockkultur als Ideologie einer konservativen Minderheit
überleben zu lassen. Dass Austrofaschismus und Nationalsozialismus
sich gern mit den jeweils ererbten Festspielen schmückten,
passt in Steinbergs Gedanken-Konstrukt.
Das ungemein gescheite, von der Belesenheit des Autors zeugende
Buch ist immer dann am anregendsten, wenn es in seinen Exkursen
mit seinem Thema kaum noch etwas zu tun hat. In fast der Hälfte
des Textes wird die katholische Kultur der österreichischen
Juden abgehandelt oder eine Analyse von Allegorie und
Autorität im Werk Hugo von Hofmannsthals unternommen
oder die Haltung der österreichischen Parteien zur Frage des
Anschlusses an das Deutsche Reich untersucht. Aber es erfordert
Mühe und Geduld, sich durch diese Abschweifungen hindurchzuarbeiten,
weil auch sie in einem professoralen, oftmals besserwisserischen
Ton vorgetragen werden, der verstimmt.
Erst recht verspürt der Leser das Bedürfnis, Steinberg
ins Wort zu fallen, wenn es um das Thema Salzburg geht. Seine Beweisführung
erinnert fatal an die sattsam bekannten Versuche, Deutschlands Geschichte
als determinierten Weg von Karl dem Großen über Luther
und Bismarck zu Hitler und Auschwitz zu beschreiben. Steinberg hat
wenig Ahnung von Europas Kultur und Kulturgeschichte; ständig
behauptet er Teile der Fakten als Ganzes. Mehrdeutbarkeit der Kunst
verengt er permanent auf das in seine Argumentation passende Eindeutige,
den Historismus der Industriestaaten des ausgehenden 19. Jahrhunderts
presst er in das Korsett eines Neobarock und die Wechselbeziehung
zwischen Barock und Aufklärung verkennt er völlig. Geradezu
abenteuerlich wird sein selbstgefälliges Selektionsverfahren,
wenn es um die handelnden oder behandelten Personen geht. Richard
Wagners Beteiligung am Dresdner Aufstand wird mal wieder auf Selbstdarstellungssucht
reduziert und Wagners antisemitische Haltung werde erkennbar in
Loge und Mime, behauptet Steinberg, der Max Reinhardts Bedeutung
für die Salzburger Festspiele bewusst kleinschreibt, um die
in der Tat politisch fragwürdige Position Hofmannsthals hervorheben
zu können.
Dass allerdings dessen Erlösungsdrama für Kapitalisten
(Fritz Kortner), der Jedermann, eher zufällig 1920
die Festspiele eröffnete, weil die bei Max Mell in Auftrag
gegebene Bearbeitung des Halleiner Marien-Spiels nicht rechtzeitig
fertig geworden war, scheint ihm entgangen zu sein. Und von alpenländischer
Lust an der Maskerade hat Steinberg auch keine rechte Vorstellung.
Ein Buch, das zwar für einen Historiker unerlaubt einseitig-parteiisch,
dessen ungeachtet sehr geistreich ist, das zu lesen dem empfohlen
sei, der, über Vorkenntnisse verfügend, auf hohem Niveau
höchst anregend sich zu ärgern bereit ist.
Stefan
Meuschel
Ein
Leben für die Oper
Ilse Elisa Zellermayer, Drei Tenöre und ein Sopran. Mein Leben
für die Oper. Henschel Verlag, Berlin 2000. 287 S., 44 Mark.
Die heute inzwischen 80-jährige Ilse Elisa Zellermayer wollte
ursprünglich einmal selbst Sängerin werden. Dieses Ziel
hat sie nicht erreicht. Sie hat also umdisponiert und wurde eine
sehr erfolgreiche Opernagentin.
Aufgewachsen ist sie im Berliner Hotel Steinplatz, wo sich in den
Zwanziger- und Dreißigerjahren prominente Künstler die
Klinke in die Hand gaben. Sie war von klein auf den Umgang mit Stars
gewohnt und lernte im Laufe ihrer 25-jährigen Agententätigkeit
fast alle Großen des Musikbetriebes kennen. Ihre Agentur vertrat
unter anderem Sänger wie Luciano Pavarotti, Mirella Freni,
Anna Moffo, Francesco Corelli und viele andere. In ihren Erinnerungen
beschreibt sie amüsant, teils liebevoll, teils süffisant
ihre Erfahrungen mit den Prominenten. Interessant sind im letzten
Kapitel ihre kritischen Anmerkungen zum modernen Regietheater und
zur heutigen Gesangsausbildung. Opernfreunde dürften an diesem
Buch ihren Spaß haben.
Monika
von Loeben
Der
Tauberflöten-Star
Michael Jürgs, Gern hab ich die Fraun geküßt.
Die Richard Tauber-Biografie, List Verlag München 2000, 430
S., 49,90 Mark. Mit CD (Opern- und Operettenarien).
Für Richard Tauber-Fans ist dieses Buch ein Muss.
Michael Jürgs beschreibt in dieser Biografie Taubers unvergleichliche
Karriere im Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre. Tauber
hatte sich als Opernsänger bereits einen Namen gemacht und
feierte große Erfolge als Verdi-, Puccini-, Mozart-Interpret.
Wenn er den Tamino in der Zauberflöte sang, sprach
man sogar von der Tauber- statt der Zauberflöte.
Aber zum Gesangskaiser der Zwanziger Jahre wurde er
erst durch seine Hinwendung zur Operette. Franz Lehár komponierte
seinem Star die Rollen auf den Leib beziehungsweise die Stimmbänder.
Nummern wie Gern hab ich die Fraun geküßt
aus Paganini, Es steht ein Soldat am Wolgastrand
aus Der Zarewitsch, Freunde, das Leben ist lebenswert
aus Land des Lächelns werden weltberühmt.
Lehárs Operette Friederike, die die Liebe Johann
Wolfgang von Goethes und Friederike Brions zum Thema hat, wird von
Germanisten als Sakrileg angesehen. Theodor W. Adorno zürnte
und meinte, Goethe könne nicht Gegenstand einer Operette sein.
Trotz der Androhung eines Aufführungsverbots wird die Uraufführung
(unter Polizeischutz) am 4. Oktober 1928 mit Tauber und Käthe
Dorsch in den Hauptrollen ein Riesenerfolg. 1929 erkrankt Tauber
schwer an Gelenkrheumatismus. Monatelang ist er ans Bett gefesselt.
Erst der Rat seiner Freundin Henny Porten, eine Kur im tschechoslowakischen
Pystian zu machen, hilft ihm, wieder gesund zu werden.
Der Halbjude Richard Tauber gehört zu den tragischen Künstlerpersönlichkeiten,
die nicht wahr haben wollten, dass der Antisemitismus der Nazis
auch ihnen galt. 1933 verlässt er Deutschland, nachdem ihn
eine Nazihorde vor dem Hotel Kempinski zusammengeschlagen hatte,
und flieht bei Nacht und Nebel nach Wien. 1938, nach dem Anschluss
Österreichs, geht er ins Exil nach London.
1948 erkrankt Richard Tauber an Lungenkrebs und stirbt 56-jährig
in London. Seinen letzten umjubelten Auftritt hatte er in London
als Don Octavio in Mozarts Don Giovanni.Fazit
frei nach Lehár: Freunde, dies Buch ist lesenswert...
Monika
von Loeben
Der
Komponist Franz Süßmayr
Erich Duda, Das musikalische Werk Franz Xaver Süßmayrs.
Thematisches Werkverzeichnis (SmWV), Musikverlag Bärenreiter,
Kassel 2000. 461 S., 120 Mark.
Franz Xaver Süßmayr (1766 bis 1803) war zweifelsohne
ein zu seiner Zeit bedeutender Singspiel- und Opernkomponist. Der
Nachwelt ist er jedoch nur (noch) als kaum zu erwähnender Vollender
des Mozartschen Requiems bekannt.
Die vorliegende Studie von Erich Duda liefert erstmals einen Leitfaden
mit Überblick zu Süßmayrs Gesamtwerk in Form eines
thematischen Werkverzeichnisses, wobei detaillierte Untersuchungen
zur Klärung der Autorenfragen vorangegangen waren.
Diese Arbeit dürfte eine Lücke in der Erforschung von
Mozarts direktem künstlerischem Umfeld schliessen; zumal Duda
im Anhang wichtige Hinweise in Hinblick auf Wasserzeichen der Notenpapiere,
Schriftbilder und Werke gibt.
Beate Hennenberg
Neue CDS
Król
Roger von Karol Szymanowski, ML: Simon Rattle, mit Thomas
Hampson, Elzbieta Szmytka, Philip Langridge, Ryyszard Minkiewicz,
Robert Gierlach, Jadwiga Rappé u.a., City of Birmingham Chorus
und Symphony Orchestra
EMI Classics 556823-2 2 CD
Die
Meistersinger von Nürnberg von Richard Wagner
Robert Holl (Sachs), Emily Magee (Eva), Peter Seiffert (Stolzing),
Andreas Schmidt (Beckmesser), Endrik Wottrich (David), Matthias
Hölle (Pogner) Brigitta Svenden (Magdalena), ML: Daniel Barenboim,
Chor: Norbert Balatsch, Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
TELDEC 3984-29333-2, 4 CD
Thais
von Jules Massenet
ML: Yves Abel, Orchestre National Bordeaux Aquitaine, mit Renée
Fleming (Thais), Thomas Hampson und Giuseppe Sabbatini
DECCA 466 766-2 2 CDs
Don
Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart, ML: Daniel Harding,
mit Peter Mattei (Don Giovanni), Mark Padmore (Don Ottavio), Carmela
Remigio (Donna Anna), Veronique Gens (Donna Elvira), Lisa Larsson
(Zerlina), Gilles Cachemaille (Leporello), Mahler Chamber Orchestra
Virgin 545425-2, 3 CDs
Semjon
Kotko von Sergej Prokofieff, ML: Valery Gergiev, mit Viktor
Lutsiuk (Semjon Kotko), Lyudmila Filariva (Semjons Mutter), Olga
Savova (Frosja),Yevgenji Nikitin (Remeniuk) u.a. Chor und Orchester
der Kirov-Oper
Philips/Universal 2 CD 464 605
Love
Duets von Richard Wagner (Tristan und Isolde, Siegfried) mit
Deborah Voigt (Isolde, Brünnhilde), Plácido Domingo
(Tristan, Siegfried), Violeta Urmana (Brangäne), Orchester
des Royal Opera House Covent Garden unter der Leitung von Antonio
Pappano
EMI CD 5 57004 2 DDD
La
Favorite von Gaetano Donizetti (französische Fassung)
mit Vesselina Kasarova und Ramón Vargas, Münchner Rundfunkorchester
unter Marcello Viotti.
RCA Red Seal 74321 662292 (2 DISC SET)
Wilhelm
Furtwängler: Sinfonie Nr. 1 h-Moll
Staatskapelle Weimar, Leitung George Alexander Albrecht
ARTE NOVA 74321 76828 2 (2 CD)
Ludwig
van Beethoven Symphonie Nr. 9 mit Seefried, Wagner, Dermota, Greindl,
Wiener Staatsoperchor, Wiener Philharmoniker, Leitung Wilhelm Furtwängler
Live Recording 1951
ORFEO INTERNATIONAL C 533 001 B 1 CD
Karl
V. von Ernst Krenek mit Jurinac, Ciesinski, Schwarz, Sima,
Adam, Schreier, Moser, Vogel, Hoffmann
Radio Symphonie Orchester Wien unter Gerd Albrecht
Live Recording 1980
ORFEO INTERNATIONAL C 527 002 1 2 CD
Il
ritorno d´Ulisse in patria von Monteverdi/Henze mit
Kuhlmann, Murray, Allen, Cole, King, Tölzer Knabenchor, Radio
Symphonie Orchester Wien unter Jeffrey Tate
Uraufführung 1985
ORFEO INTERNATIONAL C 528 003 D 3 CD
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