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Ausgabe 2000/05

Editorial

Stölzls Reformpläne für die Berliner Opernhäuser

Die Thomaner von der Bach-Zeit bis ins 19. Jahrhundert

Theaterkultur hat lange Tradition in Koblenz

Namen & Fakten

Nachrichten

„Jakob von Gunten“ in Meißen uraufgeführt

12. Tanzfest „Tanz im August“ in Berlin

„Levins Mühle“ in Leipzig

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Kurfürst und Kommune

Theaterkultur hat lange Tradition in Koblenz

Private Theaterbetriebe sind in den letzten Jahren in Mode gekommen – man denke nur an die Vielzahl von Musicaltempeln, die wie Pilze aus dem Boden schießen und allesamt von privaten Investoren finanziert sind – die Idee ist jedoch nicht neu.

Das Theater der Stadt Koblenz zeugt davon, dass bereits im 18. Jahrhundert die Staatskassen leer waren und so private Geldquellen aufgetan werden mussten. Kurfürst Clemens Wenzeslaus hatte sich mit dem Bau seines Schlosses finanziell übernommen (sic!) und so war kein Geld für kulturelle Aktivitäten mehr übrig. Ein reicher Kaufmann namens Franz Joseph Schmitz trat auf den Plan und ließ im Jahre 1787 auf eigene Kosten ein frühklassizistisches Theater errichten und eröffnen. Erst im Jahre 1867 – nachdem der private Eigentümer es nicht mehr halten konnte und es zur Versteigerung kam – wurde der Theaterbetrieb durch die Stadt Koblenz übernommen.

Seit der Errichtung des Theaters sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, die Stadt Koblenz wurde von einer kurfürstlichen Stadt zuerst zur Hauptstadt der preussischen Rheinprovinz, dann zur Bundeswehr-Garnisonsstadt und schließlich nach der Verringerung der Truppenzahl nach dem Ende des Kalten Krieges zu einem lebendigen Mittelzentrum zwischen Rhein und Mosel. Die Zweiflüssestadt (in Koblenz mündet die Mosel in den Rhein) hat zur Zeit zirka 110.000 Einwohner, ihr kulturelles Einzugsgebiet ist jedoch ungleich größer. Es reicht bis in die Landstriche Eifel, Hunsrück, Westerwald und Taunus hinein und umfasst bis zu 1 Million Einwohner.

Die Gesamtausgaben für den Bereich Kultur betragen im Jahr 2000 zirka 31 Millionen Mark, davon werden 17 Millionen aus der Staatskasse finanziert. Das Stadttheater benötigt die größte Summe. Der jährliche Bedarf beträgt 20 Millionen Mark, 10,2 Millionen Mark davon trägt die Stadt, 2,6 Millionen Mark werden durch Kartenverkäufe erwirtschaftet, die restlichen 7 Millionen Mark vom Land Rheinland-Pfalz übernommen.

Das Dreispartenhaus verfügt

über mehrere Bühnen (Großes Haus, Kammerspiele, Probebühne) und über eine Bühnentechnik, die modernsten Ansprüchen genügt. Das Theater wurde im Jahr 1985 für 20 Millionen Mark nach Originalplänen generalsaniert, so erhielt es seine ursprüngliche Gestalt zurück. Das Publikum dankte die Investition mit stetig steigenden Besucherzahlen. Freilich trägt auch der Spielplan des großen Hauses dazu bei, der sich zum großen Teil aus dem gängigen Bühnenrepertoire bedient. Experimentelles bieten die beiden kleineren Bühnen, Kammerspiele und Probebühne, die modernes Sprechtheater, Tanztheater oder auch Neue Musik ins Programm aufnehmen. Initiativen wie Einführungsmatineen, Talkrunden und Diskussionen wie „GehenStehenReden“ der Probebühne, Publikumsgespräche und Theaterführungen tragen ihr Übriges zur Zuschauerbindung bei. Außerdem gibt es enge Verbindungen zu den Koblenzer Schulen in Form von Theatergesprächen in den Schulen, einem Lehrer-Stammtisch, kostenlosen Theaterkarten für Schülerzeitungen und vieles mehr.

Seit 1999 leitet Intendantin Annegret Ritzel das Haus, zu deren aktuellen Inszenierungen neben dem „Sommernachtstraum“ am Koblenzer Theater beispielsweise auch „Norma“ an der Berliner Staatsoper Unter den Linden (Musikalische Leitung: Michael Gielen) oder „Così fan Tutte“ an der Oper Frankfurt zählen.

   

Der Chor des Theaters besteht aus 24 Mitgliedern, jede Stimmlage ist 6-fach besetzt. Unter der Leitung des Chordirektors Bernhard Steiner, der vom Stadttheater Gießen, an dem er von 1994 bis 1998 tätig war, zum Koblenzer Theater wechselte, hat der Chor in dieser Spielzeit sieben Produktionen (u.a. Ein Sommernachtstraum, Don Giovanni und Tosca) chorisch zu gestalten. Daneben gibt es musikalisch-literarische Matineen, Liederabende und weitere über die übliche Chorarbeit hinausgehende Aktivitäten der Chorsänger und -sängerinnen am Theater. Bei großen Produktionen erhält der Chor Unterstützung durch einen 40- bis 50-köpfigen Extrachor, im letzten Jahr bei der Produktion „Nabucco“, die im Rahmen der Koblenzer Festungsspiele auf der Festung Ehrenbreitstein stattfand; dort war außerdem der Chor „Transylvania“ aus Cluj (Rumänien) zu Gast. Bei dieser Produktion bestand der Chor aus insgesamt 214 Sängern und Sängerinnen.

Je sieben Tänzerinnen und Tänzer bilden das Tanzensemble des Theaters. Der gebürtige Engländer Anthony Taylor leitet das Ensemble seit 1982. Neben zwei „klassischen“ Tanztheaterproduktionen der aktuellen Spielzeit – „Romeo und Julia“ und „L’Après-midi d’un faune/Le Sacre du Printemps“ – gestaltet das Ensemble die Uraufführung des Tanzstücks „Aus Erden und Wind“ von Mila Tomsich, der Ballettassistentin des Theaters der Stadt Koblenz.

Die musikalische Gestaltung

am Stadttheater Koblenz übernimmt jeweils das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung des GMD Shao-Chia Lü. Seit 1998 leitet der Musiker das Staatsorchester nach Engagements in London und Brüssel und an der Komischen Oper Berlin, dessen musikalische Leitung er innehatte, bevor er in die Zweiflüssestadt Koblenz wechselte.

Die Rheinische Philharmonie ist nicht nur das Orchester der Stadt Koblenz, sondern versteht sich als musikalisches Aushängeschild des ganzen Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Es gibt Gastspiele auch in vielen kleineren Orten des Landes – Kulturversorgung in der Fläche ist das Schlagwort, das der Entwicklung der immer größeren Zentrierung der Kulturschaffenden in großen Städten durch die Schließung vieler kleinerer Orchester entgegenwirken will. Das Orchester musiziert beim Kultursommer Rheinland-Pfalz, gibt Konzerte für das Musik-Institut Koblenz und veranstaltet Chorkonzerte und Kinderkonzerte. Die Orchesterfassung des Kinderstücks „Es lebte ein Kind auf den Bäumen“ von Konstantin Wecker wird beispielsweise im November 2000 uraufgeführt.

Die Rheinische Philharmonie führt die lange Orchestertradition der Stadt Koblenz weiter, die bereits vor 350 Jahren ihren Anfang nahm. Kurfürst Karl Kaspar von der Leyen (Regierungszeit: 1652–76) richtete im Jahr 1654 eine „Hofkapelle“ ein. Dieses Orchester existierte bis zur Eröffnung des Koblenzer Theaters und übernahm dann neben der Gestaltung von Hofkonzerten im Schloss des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus und Wohltätigkeitskonzerten, die der Fürst verordnete, auch die musikalische Umrahmung des musikalischen Theaterbetriebs. Im Jahr 2004 wird die Stadt Koblenz das Jubiläum „350 Jahre Orchestertradition in Koblenz“ mit großen Konzertreihen feiern.

So wichtig Stadttheater und Staatsorchester als Säulen des kulturellen Lebens in Koblenz auch sind – wie wohl in fast allen anderen Städten dieser Größe auch –, so gewinnen Festivals und Musikreihen außerhalb dieser etablierten Kulturebene immer mehr an Bedeutung und sind in Koblenz auch das Podium gerade für Neue Musik.

Die Koblenzer Festung Ehenbreitstein beispielsweise, eine sternförmig angelegte preußische Festungsanlage mit vier Innenhöfen, ist nicht nur Kulisse des jährlich stattfindenden Riesenspektakels „Rhein in Flammen“, zu dem mehr als eine Million Besucher strömen, sondern ist auch Rahmen der Koblenzer Festungsspiele des Stadttheaters, bei denen unter freiem Himmel große Operninszenierungen, aber auch Jazz, Rock und Experimentelles geboten werden. Im Jahr 1996 fand im Festungsgelände die Uraufführung der Komposition „Shoah – die Endlösung“ von Peter Michael Hamel statt. Die beklemmenden Gemäuer, gepaart mit der geschichtlichen Thematik, erzeugten eine bedrohliche und dennoch sehr beeindruckende Atmosphäre.

Die Internationalen Musiktage Koblenz, inzwischen ein fester Bestandteil des Kulturlebens der Rheinstadt, fanden im Frühjahr 2000 zum zehnten Mal statt. Junge, talentierte Musiker aus der ganzen Welt trafen sich, um mit renommierten Musikerpersönlichkeiten Werke zu erarbeiten und im Konzert vorzutragen.

Das Atlantische Festival Rheinland-Pfalz, das als Biennale im Jahr 2000 zum dritten Mal veranstaltet wurde, verbindet Musik und bildende Kunst in Ausstellungen und Konzerten. Schwerpunkt des diesjährigen Festivals war „Europa – Amerika – Europa“ und die gegenseitige Beeinflussung der Kulturen beider Kontinente. Ein Höhepunkt war die Ausstellung „Arnold Schönberg – Komponist und Maler“ im Ludwig-Museum Koblenz, bei der Schönberg‘sche Kompositionen mit seinen Gemälden kombiniert vorgestellt wurden. Aber auch die deutsche Erstaufführung von „Dracula – The Music and Film“ mit Musik von Philip Glass, musiziert vom Kronos Quartet, stand auf dem diesjährigen Programm. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Festivals ist das Jugendtreffen Neue Musik: Arbeitsgemeinschaften zahlreicher rheinland-pfälzischer Gymnasien studieren Kompositionen zeitgenössischer Komponisten ein und stellen sie der Öffentlichkeit in Konzerten vor. Angesichts des schwindenden Musikunterrichts an allgemein bildenden Schulen ist es eine Initiative, die ausgeweitet werden sollte, um Jugendliche an Musik heranzuführen.

Weitere Konzertinitiativen

wie die Koblenzer Mendelssohn-Tage, die Beethoven-Konzerte der Deinhard-Stiftung, die Konzerte des Musik-Instituts Koblenz, die Orches- terkonzerte im Görreshaus, Koblenzer Kammerkonzerte und die Reihe Mozart-Konzerte geben den Bürgern der Stadt und des Landkreises vielseitige Möglichkeit, Musik live zu erleben.

Instrumentale Ausbildungsmöglichkeiten, die ja die wichtigste Basis für kulturelle Aktivitäten auch im Erwachsenenalter sind, bietet die Stadt Koblenz mit der Kreismusikschule Mayen-Koblenz und der Musikschule der Stadt Koblenz. Letztere hat zur Zeit 1.500 Schüler und mehr als 50 Lehrer. Im Jahr 1999 konnte sie einen Schülerzuwachs von zehn Prozent verzeichnen und gehört damit zu den größten Musikschulen in Rheinland-Pfalz. Projekte wie „Musik mit Behinderten“, Klassenmusizieren, Musiklehre für „junge Alte“ oder der Aufbau eines „Pop-Jazz-Klassik-Chores“ sind in den letzten Jahren zum üblichen Fächerkanon hinzugekommen und tragen zu diesem Erfolg bei.
Junge Instrumentalisten, die die Musik zum Beruf machen möchten, können an der Universität Koblenz Lehramtsstudiengänge für Musik an Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen sowie Musikwissenschaft (Ziel: Magister) studieren. Außerdem gibt es einen Ausbildungsgang Musikschullehrer und selbstständige Musiklehrer. Für ein Musik- oder Gesangsstudium mit Ziel der künstlerischen Reifeprüfung muss man auf die nahe gelegenen Großstädte Köln oder Frankfurt ausweichen.

Petra Pfaffenheuser

 

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