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Solidarität an allen Fronten
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Der vierte Musical-Kongress in Hamburg

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Kulturpolitik

Solidarität an allen Fronten

Über die Krise des Deutschen Musikrates

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: die Teilnehmer der Generalversammlung des Deutschen Musikrats Ende Oktober in Berlin wurden mit der Mitteilung konfrontiert, der Musikrat stehe kurz vor der Insolvenz. Der neue Generalsekretär Thomas Rietschel, erst seit August im Amt, hatte die Misere nicht nur sehr schnell ans Tageslicht gebracht, sondern zeigte sich auch in der Lage, den Mitgliedern detailliert und klar die Gründe offen zu legen.

Wie also kann es sein, dass eine Institution wie der Musikrat, im wesentlichen von öffentlichen Zuschüssen gefördert, in eine Situation gerät, in der er seine Überschuldung feststellen muss? Die erste Anwort ist kurz und klar: Missmanagement – über Jahre hinweg – ist die Ursache. Die drei Standorte des Musikrats in Bonn, München und Berlin verfügten über keine einheitliche Buchhaltung, nirgendwo gab es Transparenz über die Haushaltsführung, alle Projekte wurden einzeln abgewickelt, es gab keinen Gesamtfinanzierungsplan. So konnte es passieren, dass etwa das renommierte Bundesjugendorchester einen Fehlbetrag in enormer Höhe erwirtschaftete, ohne dass hier rechtzeitig die Notbremse gezogen wurde. Aber noch ein zweiter Grund spielt eine wesentliche Rolle. Der Musikrat unterliegt der so genannten Fehlbedarfsfinanzierung. Er stellt für ein Haushaltsjahr einen Finanz- und Wirtschaftsplan auf, legt diesen den Geldgebern vor und erhält von diesen – wenn alles gut geht – das O.K. Nun weiß er also, womit er rechnen und agieren kann. Gelingt es nun aber dem Musikrat, andere Geldquellen aufzutun, sei es durch Sponsoren, Spender, Stiftungen oder ähnlices, ist er verpflichtet, die entsprechende Summe an die Zuschussgeber zurückzuzahlen. Jeder wirtschaftlich denkende Mensch muss erkennen, dass auf diese Weise kein effektives (und sparsames) Finanzmanagement möglich ist. Zudem fehlt die Motivation, sich um Drittmittel intensiv zu kümmern.
Solche – erforderlichen – Rückzahlungen hat der Musikrat in den vergangenen Jahren nicht geleistet. Sie stehen nun in einer Höhe von mindestens 250.000 Euro ins Haus und tragen damit wesentlich zur Überschuldung des Musikrats bei. Die Rolle der zuständigen Ministerial-Stellen in diesem Spiel ist zumindest diffus. Sie eigentlich hätten schon früher erkennen können, dass Rückzahlungen aus einem – wiederum fehlbedarfsfinanzierten Haushalt – gar nicht erfolgen dürfen, forderten sie aber dennoch ein.

Nach dem ersten Schock stellten sich die Mitgliedsverbände des Musikrats solidarisch hinter ihren Dachverband. Bei aller Kritik halten sie den Fortbestand einer Institution, die nicht nur herausragende und erfolgreiche Projekte steuert wie zum Beispiel den Wettbewerb „Jugend musiziert“, das Bundesjugendorchester und Bundesjazzorchester, aber auch Förderprojekte im Bereich der neuen Musik, sondern – wenn sie denn funktioniert – auch der Lobbyist für die Musik in Deutschland ist, für absolut notwendig. So gelang es unter anderem, im Anschluss an die Generalversammlung innerhalb weniger Tage eine Sonderausgabe der „neuen musikzeitung“ auf die Beine zu stellen, in der sich über 70 Persönlichkeiten des deutschen Musiklebens und wichtige Verbandsvertreter in Stellungnahmen zum Musikrat bekannten. Eine kleine Auswahl drucken wir unten ab.

Dennoch sah Thomas Rietschel im November keinen anderen Ausweg, als tatsächlich die Insolvenz anzumelden. Nun ist Insolvenzverwalter Ludger Westrick der starke Mann im Musikrat und entscheidet zumindest über alles, was die Finanzen betrifft. Offenbar hat er sich den Erhalt des Musikrats unter einer neuen Struktur zum Ziel gesetzt. Eine außerordentliche Generalversammlung im Februar wird dann über die von einer Strukturkommission erarbeiteten Vorschläge abzustimmen haben. Außerdem gilt es, ein neues Präsidium zu wählen. Der derzeitige Präsident, Franz Müller-Heuser, wird dann nicht mehr zur Verfügung stehen.

Inzwischen haben die zuständigen Ministerinnen, die Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina Weiss, sowie die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, die Auszahlung der Zuwendungen veranlasst, die eine Fortführung der Projekte des Deutschen Musikrates im laufenden Jahr ermöglichen. Das bedeutet, dass die Geschäftsstellen der Projekte zunächst weiterarbeiten können und die kommenden Arbeitsphasen der Ensembles nicht gefährdet sind. Wie es weitergeht, wird wesentlich von Politikern und Gläubigern abhängen, aber auch von der echten Bereitschaft des Musikrats, sich von innen heraus zu erneuern und neue Strukturen zu entwickeln und zu realisieren. In Thomas Rietschel hat der Deutsche Musikrat für diese Aufgabe einen innovativen, überzeugenden und kompetenten Mann gefunden.

Barbara Haack

Stellungnahmen

Aus der Presse habe ich erfahren, dass sich der Deutsche Musikrat in existentiellen Schwierigkeiten befindet. Ich appelliere an die Verantwortlichen, alles dafür zu unternehmen, dass diese verdienstvolle Institution dem Musikleben erhalten bleibt. Viele Solisten sowie Orchestermusiker an den ersten Pulten deutscher Spitzenorchester sind durch die verschiedenen Fördereinrichtungen über Jahrzehnte vom Musikrat unterstützt worden. Mit seinem Projekt Dirigentenforum erhalten die besten deutschen Nachwuchsdirigenten Gelegenheit, mit professionellen Klangkörpern zu arbeiten. Dies sind nur zwei Aspekte, die unmittelbar mit meiner Arbeit zu tun haben. Diese Förderungen suchen im internationalen Bereich ihresgleichen, und es wäre höchst bedauerlich, wenn dem Musikland Deutschland auf diesem Wege Schaden zugefügt würde.
Daniel Barenboim, Dirigent

Zusammen mit den Musikern der Berliner Philharmoniker teile ich die große Sorge um die Sicherung der Existenz des Deutschen Musikrats. Viele Jahre waren nötig, um diese wichtige Einrichtung aufzubauen, die viele beeindruckende Erfolge zu verzeichnen hat. Ob über den Wettbewerb „Jugend musiziert“ oder das Landesjugendorchester – viele der wundervollen Musiker, die heute Mitglieder der Berliner Philharmoniker sind, kommen aus den Jugendprogrammen des Deutschen Musikrates.
Musik ist eine große moralische Kraft und sollte immer integrativer Bestandteil einer
Gesellschaft sein. Der Deutsche Musikrat fördert dieses Ziel, und daher lautet mein Appell an alle, die in der Verantwortung sind: Helfen und sichern Sie die Zukunft dieser Institution!
Sir Simon Rattle
Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und Künstlerischer Leiter der Berliner Philharmonie

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Sonderausgabe der neuen musikzeitung: "Deutscher Musikrat in Gefahr"
Deutsche Musikrat

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