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Portrait

Neuanfang in Karlsruhe

Ein Porträt der Ballettdirektorin Birgit Keil · Von Nike Luber

Seit dem Ende der Ära von Germinal Casado kam das Karlsruher Ballett nicht mehr zur Ruhe. Zwei Direktorenwechsel in nur fünf Jahren ließen keine Zeit, eine neue, eigene Linie aufzubauen, das Publikum wandte sich ab. Achim Thorwald, seit dieser Spielzeit Intendant des Badischen Staatstheaters, gelang in dieser schwierigen Situation ein echter Coup: er holte Birgit Keil als künftige Ballettdirektorin nach Karlsruhe. Die gefeierte ehemalige Primaballerina des Stuttgarter Balletts hat sich in den letzten Jahren ganz der Leitung der Mannheimer Tanzakademie gewidmet. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, sich zu bewerben, lächelt Birgit Keil, doch der Bitte von Achim Thorwald, den sie schon lange kennt, wollte sie sich nicht verschließen.
Es ist die folgerichtige Fortsetzung ihrer Karriere. Sie habe nie beschlossen, irgend etwas zu werden, es kam immer zu ihr, erzählt Birgit Keil. Als Kind hatte sie Rachitis und eine verbogene Wirbelsäule, der Arzt empfahl Krankengymnastik. Aber ihre Mutter war fasziniert vom Ballett und schickte Birgit im Alter von sechs Jahren in eine Ballettschule. Durch den Umzug nach Stuttgart kam Birgit Keil in die Ballettschule des Stuttgarter Staatstheaters. Aufregend war das, erinnert sie sich. Mit elf Jahren tanzte sie ihr erstes Solo mit Ensemble in „Dornröschen“, mit sechzehn nannte John Cranko sie seine „Baby-Ballerina“ und kreierte für sie eine Hauptrolle in „Scènes de ballet“. Cranko schickte sie zu seinem Freund Kenneth MacMillan, dem Chef-Choreografen des Royal Ballet, nach London. „Es war wunderbar“, sagt Birgit Keil noch heute und schwärmt von der Stadt, den Aufführungen und der Probenarbeit des Royal Ballet, die sie hautnah miterleben konnte.

 
 

Keine Angst vor Neuschöpfungen: Birgit Keil, Ballettdirektorin in Karlsruhe . Foto: Theater Karlsruhe

 

Als sie nach Stuttgart zurückkehrte, wurde sie Solistin. Der Aufstieg zur bis heute unvergessenen Primaballerina kam wie von selbst – allerdings hat Birgit Keil immer gern und hart gearbeitet. Crankos Credo, der Horizont eines Tänzers müsse erweitert werden, gibt sie heute an ihre Studenten weiter. „Inspiration kommt nicht nur aus dem Ballettsaal“, sagt Birgit Keil, „sondern aus dem Leben.“ Eine klassische Basis ist für Birgit Keil nach wie vor das A und O der Tanzkunst. Ein begabter, klassisch ausgebildeter Tänzer kann sich in jeder Stilrichtung bewegen, ein nur modern ausgebildeter Tänzer wird aber nie klassisch tanzen können, stellt sie fest und verweist mit berechtigtem Stolz auf den Unterrichtskatalog der Tanzakademie: von klassischem Training, Pas de deux und Repertoire über Jazz-, Charakter- und spanischen Tanz bis zu Graham und Limon als moderne Tanztechniken reicht die Bandbreite. „Das Interesse ist groß, Talente selten“, bringt Birgit Keil das Auswahlverfahren auf den Punkt. Die strenge Auslese trägt Früchte, ihre Absolventen sind in guten Compagnien von Göteborg bis zur Wiener Staatsoper, in Neumeiers Hamburg Ballett wie in der Münchner Staatsoper zu finden.

In der kommenden Spielzeit wird Birgit Keil zusätzlich die Leitung des Karlsruher Balletts übernehmen, was die von der Wirtschaft so gern gesehenen Synergie-Effekte bringt, aber auch Mehrarbeit. Ein Glück, dass Birgit Keil ihren Beruf liebt und sich auf ihr Team an der Tanzakademie verlassen kann. Dass sie die Karlsruher Compagnie im Grunde neu aufbauen muss, schreckt sie nicht, im Gegenteil. Nach Birgit Keils Definition bringt ein guter Ballettdirektor talentierte, begeisterte Menschen in einem Ensemble zusammen und gibt ihnen Freiraum, sich als Persönlichkeiten zu entfalten. Loyalität zur Compagnie gehört aus ihrer Sicht auch dazu, denn eine Vorstellung ist immer nur so gut wie das gesamte Ensemble.

Eigene choreografische Ambitionen hat Birgit Keil nicht, aber gute Kontakte zu etablierten Choreografen. Unter den Absolventen, aber auch unter den Studierenden der Tanzakademie spürt sie junge Talente auf, denen sie gern eine Chance gibt, für Karlsruhe Kreationen zu schaffen. Denn, bei aller Liebe zu den Klassikern, eigens für die Compagnie geschaffene Kreationen sind unverzichtbarer Bestandteil des Spielplans. Birgit Keil hat keine Angst vor dem Risiko, sie findet Neuschöpfungen junger Choreografen ungeheuer spannend. Wenn dann noch die Ausführung stimmt, die Tänzer mit ihrer Kunst und ihrer Persönlichkeit dahinter stehen, ist sie überzeugt, das Publikum gewinnen zu können. Diese Mischung aus Idealismus und gründlicher Arbeit, die Birgit Keil verkörpert, könnte in der Tat genau das sein, was das Karlsruher Ballett jetzt braucht.

Nike Luber

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