In Deutschland und Österreich galt das als comédie-heroique bezeichnete Stück eher als romantische Oper, die die Treue Lodoiskas und ihres sie in ganz Polen suchenden Verlobten Floreski preist – als Gegenstück zu Beethovens im 19. Jahrhundert auf die Gattentreue reduzierten „Fidelio“. Auf Beethoven aber wirkte es wie die weiteren, ebenfalls in Wien gespielten Cherubini-Opern „Elisa“, „Medea“, „Der Wasserträger“ inhaltlich und in seiner betont motivischen Entwicklung als unmittelbares Vorbild. Lodoiskas große Arie zu Beginn des zweiten Aktes nimmt vieles der großen Leonoren-Arie vorweg. Der tyrannische Baron Dourlinski stimmt voreilig triumphierend Rachegelüste wie Pizarro an. Die komischen Elemente beschränken sich in „Lodoiska“ auf die Gestalt von Floreskis Diener Varbel, einem „Verwandten“ Leporellos. Geprägt wird das Geschehen vom Suchen und Ringen Floreskis um Lodoiska, von Lodoiskas Standhaftigkeit gegenüber den Zudringlichkeiten und Grausamkeiten des Barons Dourlinski. Ralf Jokisch baute für die Inszenierung Markus Lobbes‘ als Einheitsbild einen die Bühne einnehmenden Turm aus mit dickem Packpapier bespannten Metallstäben. Dem Geschehen entsprechend wird der immer mehr durchlöchert, bis zuletzt nur noch das nackte Gerüst dasteht. Der Regisseur führt auf der Grundlage der deutschen Übersetzung von Karl Alexander Herklots für die Berliner Erstaufführung von 1797 (!) die Akteure zielstrebig. Die Herren des Opernchors präsentieren sich als berittene, Schmunzeln erweckende Tatarenmannschaft und lösen ihre musikalischen Aufgaben (Einstudierung Gerd Franzke) sicher. Sabine Blanchard erweckt als ausdrucksvoll singende und intensiv spielende Lodoiska die stärksten Eindrücke. Auch Thomas Bémer als kultiviert gestaltender Floreski und Thomas Kohl als burschikoser, beherzter Varbel überzeugen. Als Dourlinski aber singt Wolfgang Lambertz einfach zu schön, lässt die Bösartigkeit dieser Gestalt kaum spüren. Die insgesamt geschlossene Ensembleleistung ist für den starken Gesamteindruck wesentlich. Das Lohorchester Sonderhausen wird alternierend von GMD Hiroaki Masuda oder Stefan Ottersbach zu einer eindringlichen und ausgewogenen Gestaltung des anspruchsvollen Orchesterparts geführt. Conradin Kreutzers 1834 uraufgeführtes Erfolgswerk „Das Nachtlager von Granada“ berührt heute durchaus noch dank seiner melodischen und lyrischen Qualitäten. Ohne Zweifel hat da Webers „Freischütz“ anregend gewirkt. Doch waren es mehr die lyrischen Szenen Agathes und Maxens, nicht aber die dämonischen Kaspars und der Wolfsschlucht, die für das Nachtlager in der Ruine eines Maurenschlosses durchaus hätten Impulse geben können. Im populärsten Stück der Oper, dem Chor „Schon die Abendglocken klangen“, bleibt das Vorbild Gluck unüberhörbar. Da kann der lebendig geführte Chor des Mittelsächischen Theaters (von Frank Jarembo vorbereitet) seine Klangkultur aufs Schönste hören lassen. Der Intendant Ingolf Huhn fand für die Liebesgeschichte des Waisenkindes Gabriele, des Hirten Gomez, dessen Rivalen Vasco und des als Jäger verkleideten, in Gabriele schnell verliebten großmütigen Prinzregenten mit einem verhinderten Mordanschlag eine szenische Gestaltung, die das Geschehen durchaus ernst nimmt, aber auch eine gelinde Distanz zu allem wahrt. Mit Maria Gessler als Gabriele, Guido Hackhausen als Gomez und Michael Kunze als Prinzregent kann das Theater tüchtige Sänger für die Hauptpartien einsetzen. Auch die anderen Partien werden überzeugend gestaltet. GMD Georg Christoph Sandmann führt sie und die Mittelsächische Philharmonie mit Energie und Feingefühl zu einer geschlossenen Gesamtgestaltung.
|
||||||||||||||||||||||||||
|
|