Dietrich Hilsdorfs Inszenierung, nach Bremen 1999 und Wien 2001 nun auch in Köln zu sehen, kommt der überragenden Bühnenpräsenz von Anna Montanaro und Yngve Gasoy-Romdal entgegen. Der gefragte Regisseur, der an den Opernhäusern der Rhein-Ruhr-Region maßstabsetzende Mozart- und Verdi-Zyklen inszenierte, läßt die Schauergeschichte um den doppelgesichtigen Arzt bis ins drastische Detail ausagieren, mit heruntergelassenen Hosen im Bordell und viel Theaterblut, wenn Jekyll/Hyde zuletzt von seinem Freund den erlösenden Gnadenschuss erhält. Der Bühnenbildner Johannes Leiacker, häufiger Arbeitspartner Hilsdorfs, hat ihm dazu gemeinsam mit Lichtdesigner Hans Toelstede einen vieldeutigen Bühnenraum geschaffen. Dieser gewinnt durch die Distanz zu den historisierenden Kostümen Renate Schmitzers eine Spannung, die die psychologische Vielschichtigkeit hinter der Schauergeschichte faszinierend aufschlüsselt. Die riesenhafte Kontur eines Kopfes, die vor Beginn des Stückes wie ein Passepartout den roten Vorhang zeigt, zieht sich durch das ganze Stück. Bald ist als Strahlenkranz die linke Kopfhälfte zu sehen, bald als anatomisches Modell die rechte – Sinnbild für Jekylls irrwitzigen Versuch, die menschliche Seele in einen guten und einen bösen Teil aufzuspalten. Die wenigen Dekorationsgegenstände erlauben einen schnellen und permanenten Wechsel der Bühnenbilder. Wie ein Film läuft die Inszenierung mit beindruckenden Licht- und Soundeffekten ab, die jedoch selbst dann, wenn Jekyll/Hyde auf dem Höhepunkt seines Wahns zu schweben beginnt, immer der Inszenierung dienen und nicht umgekehrt. Live-Musik ist anscheinend teuer, und deshalb wollten New Yorks Musicalproduzenten kürzlich als Standard eine Besetzung von sieben bis maximal 15 Musikern durchsetzen. Es kam zum Streik, und man einigte sich mit den Gewerkschaften auf eine Reduzierung der derzeit üblichen Besetzung von rund 25 auf 18 bis 19 Musikerstellen. Hier in Deutschland scheint eine entsprechende Lobby zu fehlen. Im Kölner Musical Dome, der 1700 Zuschauern Platz bietet, spielen auf einem luftigen Ausguck über Portalhöhe rechts am Rande des Zuschauerraums nur noch 16 Musiker, nachdem man in Bremen mit immerhin 22 gearbeitet hatte. Sauber ausgesteuert, liefert die Kapelle einen schmissigen Sound, eine bewundernswerte Leistung angesichts der farblosen Musik von Frank Wildhorn, die man beim Rausgehen schon an der Garderobe wieder vergessen hat. So lebt „Jekyll & Hyde“ von der Leistung seiner Darsteller. Neben Yngve Gasoy-Romdal und Anna Montanaro fällt die Lisa von Nicole Seeger leicht ab, naturgemäß, bietet doch das Böse auf der Bühne fast immer mehr Ausdrucksmöglichkeiten gegenüber dem faden Guten. In ihrer unumstößlichen Treue gegenüber Jekyll ist sie durchwegs glaubhaft, doch an diesem Abend erwies sich ihre Mittellage als nicht tragfähig genug für ihre Rolle. Die meisten der Nebendarsteller wie Hans Holzbecher als Utterson, Brigitte Oelke als Nellie und Tim Zahner als Poole geben ihren Rollen ein eigenes Gepräge und sorgen für einen packenden Musicalabend.
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