Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Erfolgreicher Abschluss
Georg Quander über den Wagner-Monat an der Berliner Staatsoper
Der Sponsor lässt warten
Kunst und Kultur brauchen Geld, aber von wem?
Erinnerung an dunkle Zeiten
„Kulturverlust“ – Eine Ausstellung im DNT Weimar
Chorarbeit mit Qualität
Neue Chorakademie am Konzerthaus Dortmund
Geht es billiger auch?
Intendanten deutscher Bühnen debattieren erregt über das Weimarer Modell


Untersparte „Opernballett“
Von der Balletteinlage zur Bewegungschoreografie

Berichte
Bonn/Hagen. French Anti-Connection
Renaissance-Opern-Raritäten
Dresden. Ein bitterernster Abend
Pendereckis „Teufel von Loudun“
Duisburg/Düsseldorf. Die Pest als Reiniger
Stäblers „Madame La Peste“
Gera. Visionen und Träume
Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“
München. Virtualität und Realität
Die Münchener Biennale 2002
Sachssen. Vnsers Gnedigisten Hern des Churfürsten zu Sachssen Cantorei Ordenung vnd Vnderhaltung

Alles, was Recht ist
Neues zur „Riester-Förderung“ und anderes


Charme und Sinnlichkeit
Carola Stern: „Die Sache, die man Liebe nennt“. Das Leben der Fritzi Massary
Ich will tanzen
„Billy Elliot, I will dance“. Ein Film von Stephen Daldry

Service
VdO-Nachrichten
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Oper und Tanz im TV
Stellenmarkt
Wettbewerbe
Festivalvorschau
Spielpläne 2001/2002

 

Berichte

Visionen und Träume

Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ in Gera · Von Werner Wolf

Was hat die Theater in der DDR und bislang auch in den neuen Bundesländern veranlasst, Erich Wolfgang Korngolds in den 1920er-Jahren bejubelte und dann von den Nazis verbotene Oper „Die tote Stadt“ beharrlich zu negieren? Passte und passt die Auseinandersetzung mit dem Tod nicht in die vordem Optimismus und heute Unterhaltung favorisierenden Spielpläne? Kam dazu die Befürchtung, die Belcanto und zugleich die Strahlkraft von Wagner-Stimmen fordernden Hauptpartien nicht richtig besetzen zu können? Oder hielt man Korngolds in der Richard-Strauss-Nachfolge üppig blühende Musik für überlebt? Wohl von allem Etwas trug dazu bei.

Jetzt holte das Theater Altenburg-Gera diese vor Fantasie und musikalischer Kraft strotzende Oper zunächst auf die Bühne des Hauses Gera – mit großem Zuspruch und stürmischem Beifall am Premierenabend. Nach der von oben diktierten, nicht ohne Blessuren vollzogenen Zwangsfusion der ehedem selbstständigen Theater stellte diese Inszenierung eine entschiedene Kraftprobe dar. Der eindeutige künstlerische Erfolg macht deutlich, dass er nur mit den nun vereinten Kräften beider Häuser erreicht werden konnte.

 
 

M. Schulz als Paul, Y. Füssel-Harris als Marietta. Foto: Habel

 

Das Programmheft ruft die Zusammenhänge des zwischen 1917 und 1920 in Wien entstandenen Werkes mit der Situation der im Ersten Weltkrieg versunkenen Habsburgischen Monarchie in Erinnerung. Ob sich der damals erst 19-jährige Komponist und Mitautor des Textbuches dessen bewusst war, als er sich 1916 für das von Siegfried Trebitsch übersetzte Drama „Das Trugbild“ des belgischen Dichters Georges Rodenbach begeisterte? Für ihn war es wohl vor allem ein spannungsgeladener Opernstoff, der seine Fantasie entzündete. Der Kunstgriff der Librettisten Hans Müller und Vater Julius Korngold alias Paul Schott, die wesentlichen Vorgänge als Vision des Hauptakteurs Paul spielen zu lassen, steigerte seine Fantasie noch.

Paul gibt sich in seinem Hause in der toten Stadt Brügge ganz der Trauer um seine verstorbene Frau Marie hin. Nach einer Begegnung mit der ihr im Aussehen verblüffend ähnlichen, aber gänzlich anders gearteten Tänzerin Marietta glaubt er, Marie wieder gefunden zu haben. Im Traum durchlebt er mit Marietta all seine Sehnsüchte, Hoffnungen und Begierden. Die von Mariettas Theatertruppe gespielte Auferstehungsszene aus Giacomo Meyerbeers Oper „Robert der Teufel“, Orgelklänge aus einer nahen Kathedrale, feierliche Gesänge einer Prozession geistern durch den Traum. Weil Marietta sich wehrt, ihr Ich aufzugeben und das Andenken der Toten entweiht, erwürgt Paul sie schließlich. Dieser beklemmende Traum führt zu Ernüchterung und Einsicht. Nach seinem Erwachen will Paul sein Haus und die tote Stadt verlassen, versuchen, zu neuem Leben zu finden.

Der Komponist fand zu diesem Geschehen eine denkbar vielgestaltige Musik. Insgesamt zeichnet die Oper eine weit geschwungene Melodik und eine farbenreiche, differenzierte Harmonik aus. Für die von Konflikten durchpeitschten visionären Szenen prägte Korngold knappe, bündige Motive aus, die er bis zu beklemmenden dissonanten Klangballungen führt. Es ist eine großartig instrumentierte Musik, die auch in den düsteren Szenen von jugendlicher Vitalität erfüllt ist.

Der an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater wirkende Regisseur Matthias Oldag ließ sich von Thomas Gruber ein einfaches Bühnenbild bauen, das die Kultgegenstände Pauls lediglich andeutet. Die Personenführung konzentriert sich auf das Wesentliche. Fantastische Vorgänge fordern die Fantasie der Theaterbesucher heraus, auch das von einem Tänzer dargestellte Double Pauls trägt seinen Teil dazu bei. Mit Mathias Schulz besitzt das Theater Altenburg-Gera für die höchste gesangliche Anforderungen stellende Partie des Paul einen Tenor, wie ihn sich manches größere Theater wünscht. Trotz einer noch nicht ganz überwundenen Bronchitis bewältigte er am Premierenabend die Schwierigkeiten seiner Partie erstaunlich sicher, fand zu glanzvollem Gesang und bewegender Darstellung. Ob die gesanglichen Übersteigerungen und das exaltierte Spiel Yvonn Füssel-Harris‘ in der exponierten Partie der Marietta dem Premierenfieber geschuldet waren, müssen die weiteren Vorstellungen zeigen. Insgesamt beweist das Theater seine Potenzen mit einer geschlossenen Ensembleleistung einschließlich Chor und Konzertchor des Geraer Goethe-Gymnasiums. Die Chöre wie das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera führt Gabriel Feltz in eindrucksstarker Weise bis an die Grenzen ihrer beachtlichen Leistungsmöglichkeiten.

Werner Wolf

startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner