Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Wilhelm Pitz-Preis

Komponist, Dirigent, Interpret
Pierre Boulez erhielt in Bayreuth den Wilhelm Pitz-Preis der VDO
Zeitgenosse Boulez
Stefan Meuschels Begrüßungsansprache
Boulez, der Freund
Ein Rückblick von Manfred Jung
Bayreuth wird nicht gesprengt
Pierre Boulez über seine Arbeit, den Preis und die Musikkultur

Kulturpolitik
Das Ende einer Ära
Rückblick und Ausblick am Staatstheater Hannover

Portrait
Eine Frau auf dem Chefsessel
Die Nürnberger Ballettdirektorin Daniela Kurz
Phönix aus der Asche
Das Badische Staatstheater Karlsruhe

Berichte
Weikersheim: Puccini im Container
Bregenz: Monumentale „Bohème“-Inszenierung
Salzburg: Die Ära Mortier in Salzburg endete turbulent
Bayreuth: Der Bayreuther Ring


Rauschende Rasanz
Ein „Who’s who“ der Verdi-Diskografie (Teil 2)

Service
VdO-Nachrichten
Alles, was Recht ist
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Oper und Tanz im TV
Stellenmarkt
Spielpläne 2001/2002

 

Berichte

Puccini auf der Seebühne

Monumentale „Bohème“-Inszenierung bei den Bregenzer Festspielen · Von Stefan Rimek

Bereits für die vorhergehende Produktion auf der Seebühne im Rahmen der Bregenzer Festspiele schuf das Regisseur- und Ausstatter-Team, bestehend aus Richard Jones und Antony McDonald, ein imposantes und gigantisches Bühnenbild. So hielt in den Spielzeiten 1999 und 2000 in Verdis „Maskenball“ ein knapp 25 Meter hohes Skelett das fast ebenso hoch in den Himmel ragende, aufgeschlagene Buch des Lebens in den Händen, das als Bühne diente. Es schien damals nur schwer vorstellbar, dass derartiges auf der Bregenzer Seebühne noch zu toppen sein könnte. Und doch: Haben Sie schon einmal einen Bühnenstuhl gesehen, dessen Sitzfläche mehr Quadratmeter aufweist als manche Zwei-Zimmer-Wohnung? Was halten Sie von einer Aschenbecher-Requisite, in der eine ausgewachsene Marching-Band mit ihren Instrumenten Platz findet?

   

Die Bregenzer „La Bohème“ – Gesamtansicht 3. Akt. Foto: Bregenzer Festspiele

 

In der diesjährigen Seebühnen-Inszenierung von Giacomo Puccinis „Bohème“ durch Richard Jones und Antony McDonald gibt es Genanntes gleich in mehrfacher Ausführung. Zudem weisen die beiden größeren der drei runden Tische, die zusammen mit einer Stuhlfläche als Bühne fungieren, jeweils den Durchmesser einer Drehscheibe für Lokomotivgaragen auf.

Ferner wird der gehörnte Staatsrat Alcindoro im Café Momus mit einem sieben Meter langen Kugelschreiber in die Luft geschickt und auf den Mammut-Tischen mit dem Pariser Stadtplan sorgen die zwei Meter langen brennenden Streichhölzer für romantische Stimmungen. Nicht zu vergessen wäre da natürlich noch der aufgerichtete 27 Meter hohe und 18 Meter breite und damit alles überragende Ansichtskarten-Ständer sowie das vor der Bühne auf dem Wasser kreuzende Papierschiffchen des Händlers Parpignol, das die Ausmaße eines Fischerkahns einnimmt. Die größte Seebühne der Welt macht hier ihrem Status unmissverständlich alle Ehre.

Da stellt sich natürlich die Frage, ob diese äußerst bunte Inszenierung inklusive dieses Bühnenbildes der monumentalen Superlative einer Oper wie Puccinis „Bohème“ gerecht werden kann. Die Antwort lautet: Ja, sie kann! Denn Jones und McDonald ist es hier auf erfrischende Weise gelungen, die dem Stück anhaftende immerwährende Dialektik des menschlichen Daseins zwischen Lebensfreude und Trauer herauszuarbeiten. Revueartige Szenen mit einer unkonventionell kreativen Chorus-Line-Choreografie von Philippe Giraudeau, stehen für Ersteres, das Sterbebett der Mimi auf dem Rücken einer selbstleuchtenden Postkarte zelebriert Letzteres. Und gleichzeitig tanzt auch zu dieser sentimentalen Schlussszene auf einer parallelen Handlungsebene das Leben, das angesichts der gigantischen Kulisse trotz allem aber recht armselig wirkt – ebenfalls ein interessanter Aspekt dieses Bühnenbildes.

Die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Ulf Schirmer agierten in den Katakomben der Kulissen gewohnt souverän bis in jede dynamische Verästelung. Vorbildlich nahmen sie die Steigerungen und Spannungsbögen. Die Bühnenakteure zeigten in der in italienischer Sprache gesungenen Aufführung durch die Bank große stimmliche und schauspielerische Leistungen. Herausragend agierte aber Tenor Rolando Villazon als Rodolfo. Mit einer selten zu hörenden Klarheit des Tones, einem fesselnden Durchsetzungsvermögen und einer stufenlosen Geschmeidigkeit in der Stimme zog er die Aufmerksamkeit schnell auf sich. Da ihm Alexia Voulgaridou als Mimi hier kaum nachstand, wurden die Duette der beiden an diesem Premiereabend zum Klangerlebnis der besonderen Art. Aber auch Marcin Bronikowski als Marcello, Erla Kollaku als Musetta, Georg Nigl als Schaunard, Felipe Bou in der Rolle des Colline und all die anderen Mitwirkenden verdienten den anhaltenden Schlussapplaus der 6.000 Besucher, die entgegen den Erwartungen an diesem Abend doch noch in den Genuss eines Sonnenuntergangs über dem See kamen.

Stefan Rimek

startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner