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Neue Opern – Neue Aufnahmen

Ein aktueller Überblick von Reinhard Schulz

Der Begriff Oper deckt heute ein breites Begriffsfeld ab, oft auch weichen die Komponisten ihm selbst aus und greifen auf neutralere Benennungen wie Musiktheater oder musikalische Handlung zurück. Die Gattung weitet sich. Gerade hierin, in der Verknüpfung von Konvention und Ausbruch, beweist sie aber ihre innovatorische Schubkraft. Das wird auch aus dem folgenden Aufriss neu erschienener CD-Produktionen ersichtlich.

So hat zum Beispiel die sogenannte Minimal-Music ihr großes Terrain nicht zuletzt auf der Opernbühne erobert (zu verweisen ist auf Phil Glass oder John Adams). Steve Reich, der wohl reflektierteste Minimalist in den USA, folgte erst später, seine Video-Opern betreten dafür radikal Neuland. Die Trilogie „Three Tales“ (Nonesuch) mit den Teilen Hindenburg, Bikini und Dolly sind Montagen aus originalen Kommentaren und Bildern, die von musikalischer Seite rhythmisch gerastert werden. Es sind Katastrophen des 20. Jahrhunderts, der Absturz des Luftschiffs, die Atombombenversuche, das Klonen des Schafs. Blinde Fortschrittsideologie prallt hier an ihre Grenzen. Und Reich deckt Parallelen zwischen Wissenschaftswahn, digitalem Denken, Kettenreaktion, genetischer Vervielfachung und den Repetitionsmechanismen seiner Musik auf.

Die Oper in ihrer traditionellen Monumentalität wird hingegen immer noch von Hans Werner Henze bedient. Für die Salzburger Festspiele 1966 entstanden „Die Bassariden“, eine Aufarbeitung eines antiken Stoffs über Auflehnung gegen die Götter und deren blutige Rache. In der Reihe Festspieldokumente des Labels „Orfeo“ wurde nun die Uraufführung aufgelegt. Es ist eine der dichtesten und dramatisch gespanntesten Opern von Henze, die Interpretation hat noch keinerlei Staub angesetzt.
„Bählamms Fest“ von Olga Neuwirth (Libretto: Elfriede Jelinek) zählt fraglos zu den musikalischen Sensationen der letzten Jahre. Die Uraufführung 1999 ist bei KAIROS dokumentiert. Eine surreale Szenerie verdeckter und offener Ängste trifft auf eine kühn geführte, elektronisch unterfütterte musikalische Sprache mit eindrücklichen, oft wie gequetscht wirkenden Klängen. Farbreiche Visionen und Mechanismen der Verzerrung gewähren auch dem Hörer kein Entkommen. Eine lustvolle Sogkraft sinistrer Mächte fesselt unbarmherzig das ganze Geschehen.

Eine weitere höchst empfehlenswerte CD ist beim Label col legno aufgelegt worden. „Io, frammento da Prometeo“ aber auch „Das atmende Klarsein“ von Luigi Nono sind Arbeiten, die auf die große Oper „Prometeo“ hinweisen (und die teilweise in sie integriert wurden). Das Super-Audio-Aufnahmeverfahren gewährleistet überdies höchste raumklangliche Qualität. Interpretatorisch (mit wunderbarer Gesangsleistung) wie technisch ist man der Idee einer „Oper im Wohnzimmer“ auf verblüffende Art näher gekommen. Ein großartiges Musikerleben!

Der mittlerweile 95-Jährige amerikanische Komponist Elliott Carter beweist nach wie vor eine erstaunliche kompositorische Frische. Sein kurzer Opern-Einakter „What Next?“ (ECM) behandelt in Beckettscher Manier die Situation nach einem Autounfall. Sechs Beteiligte kommunizieren aneinander vorbei, der Unfall ist Schnittstelle in unabhängig und auf fremde Art widersprüchlich verlaufenden Biographien, die die Musik lose zusammen bindet. Ein Stück über zersplitterte Beziehungsmuster.

Noch auf drei vielleicht eher am Rand liegende CD-Produktionen sei hingewiesen. Bei Oehms-Records ist das szenische Oratorium „Phoenix resurrexit“ von Christian Jost (2003 mit dem Siemens-Förderpreis ausgezeichnet) herausgegeben worden. Raumflug, Apokalypse und Rettung durch Liebe sind hier in musikalisch nachzeichnenden Bildern zusammengebunden, die wohl allzu direkt auf schilderndes musiksprachliches Vokabular vertrauen. Solche Plastik steuert auch der US-Amerikaner Edward Thomas in der Folklore-Oper „Desire Under the Elms“ (Naxos) an und setzt unverblümt auf Standards wie sie von „Old Man River“ bis Blues und Gospel geliefert werden. Ein Liebes- und Kindsmord-Drama mit der Schwere dick angestrichener Go-West-Balladen. Und noch ein Kuriosum: Siegfried Wagners letzte Oper „Die heilige Linde“ (abgeschlossen 1927, bei cpo) wagt den Schulterschluss zum Übervater. Die runde, sehr konzise Interpretation belegt sowohl kompositorische Sicherheit, Inspiration (Vorspiel!) als auch fatal wirkende Abhängigkeiten. Das Stück wirkt in der kompositorischen Umgebung dieser Jahre wie ein Monolith aus der Vergangenheit. Im Dritten Reich fand es dennoch keine Gnade.

Steve Reich: Three Tales. Steve Reich Ensemble, Bradley Lubman. Nonesuch 7559-79835-2 (CD + DVD).
Hans Werner Henze: Die Bassariden. Solisten, Chor der Wiener Staatsoper, Wiener Philharmoniker, Christoph von Dohnányi. Orfeo C 605032 1.
Olga Neuwirth: Bählamms Fest. Solisten, Klangforum Wien, Johannes Kalitzke. KAIROS 0012342KAI.
Luigi Nono: Io, frammento da Prometeo; Das atmende Klarsein. Instrumentalisten, Live Electronic, Solistenchor Freiburg, André Richard. col legno WWE 2SACD 20600.
Elliott Carter: What Next?; Asko Concerto. Netherlands Radio Chamber Orchestra, Peter Eötvös. ECM 1817 (4721882)
Christian Jost: Phoenix resurrexit. Wendy Waller, Sopran, Daniel Morgenroth, Sprecher, Opernchor und Staatskapelle Weimar, Jac van Steen. Oehms Classics OC 313.
Edward Thomas: Desire Under the Elms. Solisten, London Symphony Orchestra, George Manahan. Naxos 8.669001-02.
Siegfried Wagner: Die heilige Linde. Solisten, Chor und Sinfonieorchester des WDR Köln. Werner Andreas Albert. cpo 999844-2.

 

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