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Die Entdeckung des Doppelgängers

„Eugen Onegin“ an der Bayerischen Staatsoper · Von Christian Kröber

Es ist die zweite Spielzeit, die Kent Nagano als musikalischer und künstlerischer Leiter der Bayerischen Staatsoper in München verantwortet. Nach einer spannenden „Chowantschtschina“ von Mussorgsky im März diesen Jahres sollte nun mit „Eugen Onegin“ eine slawische Programmlinie fortgesetzt werden. Als Regisseur hatte man den Polen Krzystof Warlikowski verpflichtet, der als Assistent von Peter Brook begann und mit der Tschaikowsky-Oper in Deutschland debütierte.

Neuland betrat der Regisseur freilich in zweifacher Hinsicht, als er seinen Onegin als operngewordene Replik zum oscargekrönten „Brokeback Mountain“ nicht nur im Nachkriegsamerika ansiedelte, sondern auch aus Onegin und Lenski ein Liebespaar machte. Kein Coming Out im herkömmlichen Sinne sollte es werden, sondern die Geschichte von zwei Menschen, die gegen ihre Leidenschaft ankämpfen müssen, weil die Gesellschaft sie ihnen nicht erlaubt, so der Regisseur im Interview.

 
Das Foto von Wilfried Hösl zeigt Olga Guryakova (Tatjana), Elena Zilio (Filipjewna).
 

Das Foto von Wilfried Hösl zeigt Olga Guryakova (Tatjana), Elena Zilio (Filipjewna).

 

Dass Tschaikowsky schwul war, ob er darunter litt oder nicht, sollte nun also die Gedankenwelt seiner berühmtesten Oper erklären. Onegin als Tschaikowskys Doppelgänger, der den von ihm geliebten Lenski aus tief erlittener Eifersucht im Duell erschießt. Und siehe da, die Geschichte geht auf in ihrer Eindeutigkeit: Ist es nicht Onegin, der die ihn anhimmelnde Tatjana kühl wissen lässt, dass er für Ehe und Familie nicht geschaffen ist? Und freilich kann man aus dem Duell eine tödliche Liebesszene konstruieren zwischen zwei Männern, denen der Komponist die schönsten Duette der ganzen Oper geschrieben hat.

So weit so gut, so schlüssig und so genau inszeniert. Doch ist diese alles auf eine Sichtweise reduzierende Eindeutigkeit auch das große Manko dieser Herangehensweise. Wo alles eindeutig ist, fehlt das künstlerische, das artifiziell Zweideutige, auf das sich Tschaikowsky wie kein zweiter verstanden hat. Wollte er nicht seinen Onegin aus der großen Tradition der unglücklich Liebenden in einer Entwicklung zeigen, in der er Tatjana am Ende der Oper wirklich begehrt, als alles schon zu spät ist?

Das hätte man auch noch zeigen können und müssen, ohne die wirklich interessanten Ansätze des jungen polnischen Regisseurs verwerfen zu müssen. Alles in allem konnte Warlikowski mit seinem Gesellenstück mehr als überzeugen, was aber auch am hervorragenden musikalischen Umfeld lag. Michael Volle, der letzte Bayreuther Beckmesser, sang einen kraftvollen und lyrisch präsenten Onegin, der in Christoph Strehl (Lenski) einen gleichberechtigten Partner gefunden hatte.

Aus den weiten Tiefen des sibirischen Osten erstrahlte der mitreißende Sopran von Olga Guryakova, die Tschaikowskys Tatjana bereits an der Scala in Mailand, in Paris und Berlin als eine Frau verkörpert hat, die für viele der Inbegriff der russischen Seele ist: poetisch und doch sehr stark.

Dem Bayerische Staatsorchester und vor allem auch dem Chor der Bayerischen Staatsoper (Andrés Máspero) unter Kent Nagano gelang eine Wiedergabe frei von allem neoromantischen Schmelz in ausgewogener Klarheit und Präzision. Das Münchner Publikum wird sich an ein paar schwule Cowboys gewöhnen und froh sein, nach über dreißig Jahren den Onegin wieder im Münchner Repertoire zu finden.

Christian Kröber

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