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Kulturpolitik

Große Oper für die Kleinen

Die Geschichte der Kinderoper in Deutschland · Von Gunter Reiß

Das Thema Kinderoper nimmt in unseren Theatern und Opernhäusern einen immer größeren Raum ein. Musical und Oper für die ganz Kleinen, für Kinder und Jugendliche ist aus den Häusern nicht mehr wegzudenken. Immer mehr gute und weniger gute Beispiele machen Schule. Aus diesem Grund will sich „Oper&Tanz“ diesem Thema in den kommenden Ausgaben schwerpunktmäßig zuwenden. Wir beginnen mit einem Beitrag von Gunter Reiß über Anfänge und Geschichte des Genres. Der Autor ist Professor an der Forschungsstelle Theater und Musik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

 
Unverfälschter Mozart für Kinder in Gelsenkirchen. Cherubino mischt sich ein mit Isabell Classen als Cherubino und Inga Lisa Lehr als Susanna. Foto: Foto Majer-Finkes
 

Unverfälschter Mozart für Kinder in Gelsenkirchen. „Cherubino mischt sich ein“ mit Isabell Classen als Cherubino und Inga Lisa Lehr als Susanna. Foto: Foto Majer-Finkes

 

Erfolgreich, beliebt und doch immer wieder in der Kritik: Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ ist seit ihrer Uraufführung 1893 das offensichtlich von den Opernintendanten und vom jungen wie erwachsenen Publikum ungebrochen bevorzugte Modell „Kinderoper“. Tatsächlich verkörpert „Hänsel und Gretel“ das komplexe und widerspruchsvolle Paradigma eines Genres, das sich eindeutigen Festlegungen auf merkwürdige Weise entzieht. Als Musikdrama in der Wagner-Nachfolge für die große Opernbühne und ihren üppigen musikalischen und technischen Apparat konzipiert, entspricht Humperdincks Werk als opulentes Ausstattungsstück dem in der Kunst gefeierten bürgerlichen Repräsentationsbedürfnis des Wilhelminischen Kaiserreichs. Gleichzeitig wurzelt diese Märchenoper von ihrer Entstehungsgeschichte her als Singspiel fürs Wohnzimmer mit einfach zu singenden Kinderliedern und Klavierbegleitung in der Tradition und Aufführungspraxis der Hausmusik. Professionell aufgeführtes Kunstwerk und Laienspiel für den Hausgebrauch – so weit reicht der Spannungsbogen, in dem die Oper für Kinder seit jeher steht. Stets richtet sie sich deshalb an Erwachsene und Kinder als Publikum und Aufführende zugleich und verliert dabei jene „Unschuld“, ausschließlich für die Kinder gemacht zu sein. Das ist weniger eine Frage der Produktion als der Rezeption. Als kindgerecht, unbedenklich oder wertvoll definieren Eltern, Lehrer, Verlagslektoren oder Dramaturgen ein Stück. Dann erst wird es ausgewählt und aufgeführt, wird sein pädagogischer Gebrauchswert bestimmt, ehe es an die Kinder gelangt. Nicht zu unterschätzen ist, was für Kinderliteratur generell gilt, nämlich eine spezifische Doppeltadressiertheit.

Diese trifft auch für die Kinderoper zu und zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Geschichte, von den ersten Anfängen im didaktisch ausgerichteten Jesuitendrama des 16. Jahrhunderts und dem aufgeklärten Kinderschauspiel des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Der damit einhergehende Einfluss auf Stoffwahl, inhaltliche und formale Gestaltung ist beträchtlich. Theaterstücke für Kinder definieren sich im Allgemeinen von einem außengeleiteten Ziel her. Sie übernehmen eine Aufgabe im Sozialisationsprozess der Heranwachsenden, dienen auch der ideologischen Eingliederung in die Gesellschaft der Erwachsenen und vermitteln die etablierten Wertvorstellungen, Normen und Verhaltensregeln.

Auch in diesem Punkt ist „Hänsel und Gretel“ ein typisches Beispiel. Zwar ist Humperdinck der Überlieferung des Märchenstoffes durch Grimm und Bechstein scheinbar eng verpflichtet, doch weist sein Libretto zahlreiche gravierende, dem Zeitgeist verpflichtete Eingriffe in die Vorlagen auf, die es in einem nicht unbeträchtlichen Maße zum Abbild des Wertesystems der bürgerlichen Gesellschaft um 1900 machen. Frömmigkeit, Gehorsam, die Abhängigkeit von göttlicher Hilfe etwa sind Elemente einer von den ursprünglichen Intentionen deutlich abweichenden Verbürgerlichung des Märchens.

Beginn der Massenkultur

Was am Einzelfall der Oper „Hänsel und Gretel“ beobachtbar ist, gilt freilich generell für das ausgehende 19. Jahrhundert. In der Übergangszeit zur „Moderne“ sieht sich die bürgerlich-wilhelminische Kindheit herausgefordert von der entstehenden Massenkultur, die die Heranwachsenden überall dort erreicht, wo sie die bürgerliche Kinderstube nicht mehr schützt. Die Erzeugnisse populärer Kunst sind im öffentlichen Raum der Städte beinahe allgegenwärtig. Buchläden und Zeitschriftenkioske, Warenhäuser, aber auch der Laden um die Ecke bieten Groschenhefte, Liebesromane, illustrierte Zeitschriften, Bildpostkarten und Ähnliches an. Aus den Wirtshäusern tönen nicht stubenreine Gassenhauer. Die Kinos zeigen Filme, die hinter die Fassaden der Anständigkeit der Erwachsenenwelt blicken lassen. Unverblümt zeigen die Karikaturen in den Zeitschriften die Bilder verdrängter erotischer Phantasien. Den Erziehungsverantwortlichen müssen zwangsläufig solche Angebote massenkultureller Unterhaltung als Gefährdung der Jugend und als Angriff auf die Autoritätsstrukturen der Gesellschaft erscheinen. Neben der direkten Bekämpfung dieser als verabscheuungswürdig erscheinenden Phänomene entsteht eine Tendenz zum Rückzug in die „unschuldigen“, gut kontrollierbaren Orte bürgerlicher Sozialisation: das Haus, das Theater und den Konzertsaal, die Kirche, den Verein, das Gymnasium. Als Refugien vor gesellschaftlichem Verfall sollen diese Orte die gewünschten bürgerlichen Bildungsprozesse gewährleisten.

Zwischen Scylla und Charybdis

Lediglich aufgrund ihrer erfolgreichen Rezeptionsgeschichte wird Humperdincks „Hänsel und Gretel“-Oper hier als typisches Beispiel stellvertretend für die immanenten Widersprüche des Genres herangezogen. Solche Widersprüche finden sich – um einige weitere Beispiele aus der Zeit zu nennen – in Carl Reineckes Kinderopern für den Hausgebrauch ebenso wie in den Märchenopern für die große Bühne von Eduard Poldini („Der Vagabund und die Prinzessin“, 1903), Leo Blech („Aschenbrödel“, 1905) oder August Enna („Das Streichholzmädel“, 1897). Traditionen wie etwa das Märchenerzählen werden mit dem Repertoire der erwünschten Verhaltensregeln amalgamiert und als „nützliche“ Unterhaltung für Kinder und Erwachsene angeboten. Die Balance von Kinderbedürfnissen und Erziehungsinteressen wird wie selbstverständlich und effektiv in der ästhetischen Erziehung hergestellt. Wenn auch für die heutige Aufführungspraxis eine solchermaßen auffällige Vereinnahmung für religiöse Muster oder patriotische Inhalte nicht im Vordergrund steht, so ist die Ambivalenz von Kunstwerk und Gebrauchsstück überall dort unübersehbar präsent, wo (musik-)pädagogische Intentionen und kreativ-soziale Ergebnisse reklamiert werden. Da ist das historische Gedächtnis gewiss nicht fehl am Platz, zumal die „alten“ wie die neuen Opern für Kinder und ihre Aufführungsbedingungen durchaus auch heute zwischen Scylla und Charybdis stehen. Sie haben zu kämpfen mit den Verlockungen des kommerziellen Musicals und den mächtigen populären Szenarien der Unterhaltungsindustrie.

Oder sollte man sich daran erinnern, dass es auch um das Geld, respektive um die Zuschauer von morgen geht? Da könnte einem durchaus das Erfolgsmodell „Weihnachtsmärchen“ Carl August Görners (1806–1884) aus dem späten 19. Jahrhundert in den Sinn kommen, dessen Karriere aufgrund der 1869 erlassenen Gewerbefreiheit für Stadt- und Privattheater mit üppig ausgestatteten Märchenaufführungen in der Vorweihnachtszeit speziell für Kinder begann, zum lukrativen Geschäft wurde und auch heute noch da und dort die Kassen der Stadttheater füllt.

Im Blick: Kindliches Lebensumfeld

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhält das Musiktheater für Kinder und Jugendliche neue Impulse durch Jugendbewegung, Reformpädagogik und Laienspielbewegung. Musikalisches Handeln in der Gemeinschaft und die Förderung schöpferischer Kräfte stehen nunmehr im Mittelpunkt des szenisch-musikalischen Spiels und markieren eine musikpädagogische Traditionslinie in der Geschichte der Kinderoper.
Mit der Schuloper „Der Jasager“ (1930) von Kurt Weill auf der Grundlage von Bertolt Brechts Lehrstück werden diese Tendenzen aufgenommen, zugleich politisch geschärft und vor allem zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik geführt. Die Schuloper um 1930, zu der auch Komponisten wie Paul Hindemith („Wir bauen eine Stadt“, 1930), Wolfgang Fortner („Cress ertrinkt“, 1930) oder Paul Dessau („Das Eisenbahnspiel“, 1932) beigetragen haben, zeichnet sich durch die Zielsetzung aus, Kinder und Jugendliche zur zeitgenössischen Musik hinzuführen und sie damit an aktuellen Entwicklungen des Musiklebens teilhaben zu lassen. Der künstlerische Anspruch ist hoch, die Anstrengung des Sich-Abarbeitens am musikalischen Material bewusst kalkuliert. Die thematisch-inhaltliche Auseinandersetzung zielt auf die Gegenwart. Anstelle der bisherigen eng begrenzten Märchenstoffe rückt das Lebensumfeld der Kinder in den Blick. Die Großstadt, die Erich Kästner im Zuge der Neuen Sachlichkeit in seinem Kinderroman „Emil und die Detektive“ zum Thema machte, findet auch Eingang in die Schuloper.

Solchermaßen progressive Entwicklungen werden durch die Zäsur von 1933 gekappt, die Künstler der Avantgarde ins Exil gejagt. Die politischen Ziele, die sozial engagierten Lernformen, der geringe szenische Aufwand der von Laien aufführbaren Schulopern und Lehrstücke sind den Nationalsozialisten missliebig. Spielformen, die dem Brecht‘schen Lehrstückkonzept folgen oder der kommunistischen Arbeiterkultur nahestehen, werden verboten oder der „braunen“ Erziehungsideologie einverleibt. Als „lustige Schuloper“ tituliert, ist Georg Blumensaats „Wir bauen uns ein Auto und fahren in die Welt“ bereits 1932 eine mit imperialem Gestus durchgeführte Propagandareise der nunmehr auftrumpfenden neuen „Herrenrasse“ in die Welt der sogenannten primitiven Völker.

Kinderoper in Ostdeutschland

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dauert es eine geraume Zeit, bis neue Wege beschritten werden. Zunächst dominieren Stücke von Cesar Bresgen (z.B. „Der Igel als Bräutigam“, 1951) und Eberhard Werdin („Des Kaisers neue Kleider“, 1949) die Szene. Bevorzugt werden Märchenstoffe und Spielmusik auf der Grundlage des Orffschen Schulwerks. Anders als in der BRD gibt es in der DDR Kindermusiktheater in der Brecht-Nachfolge. Kurt Schwaen, dessen „Lehrstück mit Musik“ „Die Horatier und die Kuriatier“ (1955) noch in Zusammenarbeit mit Brecht entstanden ist, schreibt zahlreiche Werke für Kinder als Aufführende („König Midas“, 1958) und als Publikum („Pinocchios Abenteuer“, 1969, „Alle helfen Häppi“, 1971), die über Jahrzehnte im Repertoire der professionellen Theater der DDR präsent sind. Die Kinderoper in der DDR – neben Schwaen von Komponisten wie Siegfried Tiefensee, Joachim Werzlau, Georg Katzer, Ruth Zechlin und anderen getragen – ist geprägt von der engen Verbindung von Kunstanspruch und gesellschaftlichem Auftrag. Grundsätzlich den Zielen einer sozialistischen Gesellschaft verpflichtet, entwickelt sich eine breite Themenvielfalt vom Märchen bis zur Alltagsgeschichte und ein umfangreiches Spektrum an musikalischen Formen.

Bewusstseinswandel

Was in der DDR zu einem hervorstechenden Merkmal der Gattung wird, nämlich die Ernsthaftigkeit ihrer Pflege und die feste Verankerung im kulturellen Leben, nicht zuletzt durch die Einrichtung selbständiger, professioneller Kinder- und Jugendtheater mit eigenem Spielplan und eigenem Ensemble, lässt in der BRD lange auf sich warten. Immerhin entsteht mit Hans Werner Henzes „Pollicino“ (1980) seit dem Ende der 1970er- Jahre auch an westdeutschen Opernhäusern eine wahrnehmbare Tradition neuer Werke. Mit Jens-Peter Ostendorf („Alice im Wunderland“, 1977), Violeta Dinescu („Der 35. Mai“, 1986) und vor allem dem beharrlichen Wilfried Hiller mit inzwischen einem runden Dutzend Stücke engagieren sich weitere renommierte zeitgenössische Komponisten für das Genre, bleiben aber weitgehend erfolglos darin, ihre Werke für Kinder dauerhaft in den Spielplänen zu verankern. Während es seit Benjamin Brittens „Let’s Make an Opera“ (1949) für englische Gegenwartskomponisten selbstverständlich ist, für Kinder zu komponieren, gilt in Deutschland das Genre Kinderoper lange Zeit (und eigentlich immer noch) als karrierefeindlich und obsolet für Vertreter der Avantgarde. Erst langsam entsteht ein Bewusstseinswandel.

Unterschiedliche Wege

Zunehmende Ernsthaftigkeit und auch Einfallsreichtum kennzeichnen seit rund einem Jahrzehnt die Hinwendung zum jungen Publikum. Gewiss ist es nicht zuletzt auch die Sorge um das Publikum von morgen, die die Opernintendanten umtreibt. Auch die Diskussion um die Notwendigkeit einer ästhetischen Erziehung, in der auch für heutige Kinder eine so fremd gewordene Kunstform wie die Oper Platz hat, fordert ein nachdrückliches Engagement. Bürgerliche Bildungstraditionen, bei denen der Theaterbesuch zum selbstverständlichen Kanon gehörte, können heute immer weniger vorausgesetzt werden. Die Musiktheaterpädagogen an den Opernhäusern sind fantasievoll und wirksam in ihren Bemühungen, die Defizite des immer seltener stattfindenden Musikunterrichts an den Schulen auszugleichen und musikgeschichtliche Basiskenntnisse zu vermitteln. Repertoirekenntnis ist das eine Ziel, mit Auftragskompositionen aktuelle Entwicklungen des zeitgenössischen Musiktheaters zu Gehör zu bringen, das andere.

Drei Wege zeichnen sich ab. Dass in der Vermittlung eines ungewöhnlichen Repertoires für Kinder Alt und Jung auf ihre Kosten kommen können, demonstriert seit über einem Jahrzehnt jenseits ausgetretener Pfade die Kölner Kinderoper mit Raritäten und Ausgrabungen. Ein eigenes märchenhaftes Theater im Theater ist im Kölner Opernhaus – wie auch an der Wiener Staatsoper seit 1999 – ein Ort, an dem sich für die Zuschauer die Magie dieser „abgehobenen“ Gattung Oper jenseits jeglicher Pädagogik ungehindert entfalten kann. Professionelle Sänger, ein Kammerorchester (statt der Sparversion mit Klavier), eine fantasievolle Ausstattung und – nicht unwichtig in Zeiten der Dekonstruktion! – eine werkgetreue Wiedergabe: Das ergibt große Oper für kleine Zuschauer. Dann sind auch die Bearbeitungen à la „Kleine Zauberflöte“ entbehrlich, es sei denn, man macht es auf dramaturgisch so überzeugend amüsante Weise wie in Gelsenkirchen am Musiktheater im Revier. Nach drei Rossini-Opern kann man dort derzeit Mozarts „Figaro“ als Kinderoper erleben. Unter dem Motto „Cherubino mischt sich ein“ geschieht eine Annäherung an die große Oper aus der Perspektive einer Figur. Das ergibt einen veränderten Blickwinkel und beinahe eine neue Oper, bleibt aber letztlich doch der alte, unverfälschte Mozart. Auch der Weg einer Kooperation von professionellen und nicht- bzw. semiprofessionellen Akteuren wie etwa an der Jungen Oper Stuttgart wird zunehmend attraktiver, erlaubt er doch, das kreative Potential von Kinderchören, Studierenden und Schülern an Hochschulen und Musikschulen zu integrieren.

Vieles ist in Bewegung gekommen zugunsten der Oper für Kinder. Auch wenn den Heranwachsenden das Musical und die Pop-Rock-Szene näherstehen als die Oper, und sie in Schulproduktionen aus diesen Musikbereichen ihre ersten ästhetischen und sozialen Erfahrungen mit dem eigenen Theaterspiel machen, so ist die Sorge unbegründet, dass sie sich generell anderen Gattungen verschließen. Macht die Oper den Heranwachsenden interessante und unverzagte Angebote, wird sie nicht hintanstehen müssen.

Gunther Reiß

Vom selben Autor ist an der Universität Münster die CD-Rom „Opern und Musicals für Kinder und Jugendliche. Ein Leitfaden durch das internationale Repertoire vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ erschienen. (vgl.. unsere Rezension in O&T Ausg. 3-07, S. 29)

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