Die Perspektiven, die der erfahrene (für manche zu erfahrene) Theatermann für das Musiktheater andeutet, muten dabei bislang wenig spektakulär an: Als Dienstleister am Publikum habe er vor, neben Ausgefallenem auch das 20. Jahrhundert, das ihm besonders am Herzen liege, zu berücksichtigen, ohne es aber gegen den Publikumswunsch in eine Majorität zu bringen. Als Opernregisseur werde er mindestens eine, maximal drei Produktionen pro Saison leiten. Das birgt natürlich die Gefahr einer musikdramatischen Monokultur, vielleicht aber auch die Chance, den Operninszenierungen stärkeres Profil zu verleihen ein Profil, das man in der Ära List bisweilen schmerzlich vermisste. Webers romantische Feenoper Oberon, mit der man die Wiedereröffnung wagt, ist nicht das einzige Wagnis, das Marietheres List am Ende ihrer Regensburger Zeit eingeht. Mit Massenets Werther war die Saison in dem als Ausweichspielstätte fast luxuriösen Velodrom musikalisch zwar hocherfreulich, ansonsten aber eher unspektakulär gestartet. Der Publikumszuspruch hält sich hier ebenso in Grenzen wie beim etwas angestaubten Musical Sweet Charity, das anstelle eines nach dem 11. September als unpassend erschienenen Anything goes eilig aufs Programm gesetzt wurde. Um die erheblichen Verlagskosten nicht verfallen zu lassen, muss nun ein weiteres ehrgeiziges Projekt, die Produktion von Detlev Glanerts Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung, weichen. Zumindest aber führt Antonio Bibalos Fräulein Julie die unter Intendantin List zur schönen Tradition gewordenen Kammeropern im Theater am Haidplatz fort. Weitere Akzente abseits des Vorhersehbaren sind mit Händels Alcina oder Bellinis La Straniera (konzertant) zu erwarten. Marietheres List, der es mit bewusst populären Spielplänen gelungen ist, ein neues, auch junges Publikum ins Velodrom zu locken (das als Spielort erhalten bleibt), hofft nun, durch das Interesse am renovierten Haus, auch bei diesen Stücken eine hohe Auslastung zu erzielen. In eine andere Richtung geht die Zuversicht, die Chordirektor Karl Andreas Mehling formuliert. Er hoffe, dass sein 24-köpfiges Ensemble unter dem neuen, als Mann der Oper bekannten Intendanten, eine Aufwertung erfahre. Zumindest habe man mit dem Kleinen Neuhaussaal im renovierten Gebäude nun endlich einen festen Probenraum zur Verfügung, so dass schon jetzt die Zeit permanenter Provisorien ein Ende habe. Abschiedsstimmung dagegen beim Ballett, doch auch Winfried Schneider, dessen Compagnie zehn feste Tänzer zählt, von denen viele nicht auf neue Festanstellungen hoffen können, glaubt daran, dass seine Tänzer in dieser schwierigen Phase zu ihm stehen und die laufende Spielzeit unter anderem mit einer Neudeutung des Carmen-Stoffs im Mai nächsten Jahres erfolgreich absolvieren werden. Manchem dürfte da der einzig bemerkenswerte Satz aus Sweet Charity im Gedächtnis nachklingen: Wir tanzen nicht, wir verteidigen uns zur Musik.
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