Die ebenso verständliche wie angreifbare Reaktion von Weise ließ nicht lange auf sich warten: Schon nach der Abstimmung im Finanzausschuss und vor dem endgültigen Ratsbeschluss ließ er wissen, dass er unter diesen Umständen für eine Verlängerung seines Vertrages über das Jahr 2013 hinaus nicht zur Verfügung stehe. Dies verschärft die Lage drastisch, denn niemand wird glauben, dass die Stadt, wenn sie denn überhaupt einen entsprechenden Willen hat, in der Lage sein wird, bei diesen Vorzeichen einen Nachfolger zu finden, der mit künstlerischem Gewissen und kreativen Plänen für „sein“ Theater eintritt. Vielmehr dürfte die Situation geradezu magnetisch auf opportunistische, profilierungssüchtige Heilsapostel wirken, die dann die Situation nur noch verschlimmern – eine Erfahrung, die etwa Bremen ja schon gemacht hat. Fest steht, dass die Umsetzung des Kürzungsbeschlusses das Theater in seiner Substanz massiv schädigen wird: Um die vollständige Schließung einer Sparte wird man kaum herumkommen – und ob sich damit die „Einsparungen“ wirklich realisieren lassen, ist auch ungewiss: Die Gebäude müssen, wenn sie nicht abgerissen werden, unterhalten werden; das Personal in Verwaltung und Technik ist zum größten Teil faktisch unkündbar. Daher auch die Beschwichtigungsversuche der Politik, es werde keine Kündigungen geben. Anders sieht es beim in den letzten Jahren ohnehin schon drastisch dezimierten künstlerischen Personal aus: Dieses verfügt durchgehend nur über befristete Arbeitsverträge, kann also praktischerweise ohne Kündigung weitgehend abgewickelt werden – im Raum steht die in der Tat innovative Vision eines verwalteten und technisch betriebenen Theaterbaus ohne Künstler, eine Wunschvorstellung von Herrn Nimptsch??? Jedenfalls scheint es der einzige „ Ausweg“ aus dem selbstgeschaffenen Dilemma zu sein. Spartenschließungen stoßen vor dem eben dargestellten arbeitsrechtlichen Hintergrund auf erhebliche Schwierigkeiten: Die des Schauspiels (gerade noch 23 statt wie früher über 50 Schauspieler sind neben einigen künstlerisch-technischen Beschäftigten übrig) wird nicht ausreichen, um die Kürzungen zu kompensieren , die der Oper hätte die unangenehme Folge, dass das bisher unangetastete und als Aushängeschild der Stadt gehegte Beethoven-Orchester um einen großen Teil seiner Aufgaben gebracht würde. Und schließlich sind auch Spartenschließungen nicht zum Null-Tarif zu bekommen: Abfindungen und langfristige Sozialleistungen an die arbeitslos gewordenen Künstler werden das Stadtsäckel ebenso wie der volkswirtschaftliche Verlust auf denkbar unproduktive Weise drücken. Aber um solche Kosten macht sich unter den herrschenden Politikern offenbar niemand Gedanken. Nicht zu unterschätzen ist schließlich der überregionale Signaleffekt: Wenn sich in einer Stadt von über 300.000 Einwohnern, die sich als Hort von Wissenschaft und Technologie sowie als Kongress-Stadt versteht und die überdies als einzige Stadt Nordrhein-Westfalens im Krisenjahr 2010 ein Wirtschaftswachstum vermelden konnte, die Kultur-Killer à la Nimptsch so ungehemmt durchsetzen können, hat dies zwangsläufig eine Vorbildwirkung für ebenso verbohrte Politiker in Städten, die kleiner und wirtschaftsschwächer sind und ebenfalls über ein funktionierendes Theaterleben verfügen, das diesen Politikern ein Dorn im Auge ist. Und das alles, um das nicht zuletzt durch größenwahnsinnige
Projekte der Stadt auf anderen Gebieten erheblich mitverursachte
Defizite um zirka 3 Promille zu senken… |
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