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Editorial

Im letzten Heft kommentierten wir die Entscheidung des Hallenser Oberbürgermeisters, unter dem Vorwand der Flutkatastrophe ohne nachvollziehbare sachliche Gründe nicht nur die ungeliebten Händel-Festspiele abzusagen, sondern zudem ein Spielverbot für alle – auch die von der Flut nicht betroffenen – Spielstätten auszusprechen. Dieser Vorgang, der – abgesehen vom immateriellen Schaden – erhebliche Einnahmeausfälle ohne entsprechende Kostenreduzierung verursachte, ist in Deutschland keineswegs ein Einzelfall, so dass hier einmal ganz generell die Frage nach der Verantwortung von Politikern und Verwaltungsbeamten gestellt werden soll. Eine solche persönliche Verantwortung oder gar Haftung der politischen Entscheidungsträger gibt es jedoch kaum, abgesehen von der strafrechtlichen Verantwortung für vorsätzliches kriminelles Handeln, das in Deutschland eher die Ausnahme ist und für das es einen gesetzlichen Sanktionenkatalog gibt.

  Tobias Könemann  

Tobias Könemann

 

Allerdings müssen politische Entscheidungen auch für Projekte, die mit immensen Kosten verbunden sind, möglich bleiben, und seien sie auch noch so umstritten. Das gezielte Ausgeben von Geld ist vom unsinnigen „Versenken“ von Geld zu unterscheiden.

Es geht also primär nicht um Fälle wie die Elbphilharmonie, bei denen das Problem zu einem erheblichen Teil in einem unsinnigen europäischen Ausschreibungsrecht liegt, das das Sprengen von Kostenrahmen geradezu provoziert. Nein, es geht vielmehr – neben dem Hallenser Fall – um Fälle wie das „Eurohawk“-Debakel, wo nicht gehandelt wurde, obwohl vorhersehbar war, dass 3stellige Millioneninvestitionen niemals den beabsichtigten Zweck würden erreichen können, wie die Einführung von „Toll-Collect“, wo keine hinreichende Haftung der Auftragnehmer für die rechtzeitige einsatzfähige Bereitstellung vereinbart wurde, oder auch wie das Museum „Küppersmühle“ in Duisburg, wo eine teure, aber untaugliche Stahlkonstruktion auf dem Baugrund dahinrostet, deren Kosten den Weiterbau unmöglich machen und deren Hersteller sich erfolgreich jeder Gewährleistung entzieht.

Kurzum, in Frage steht die persönliche Haftung – auch mit dem eigenen Vermögen – für den leichtfertigen Umgang mit Geld, das Entscheidungsträgern zu Zwecken des Gemeinwohls anvertraut worden ist. Dieser bleibt – abgesehen von gelegentlichen Karriereknicken – ohne Sanktionen im engeren Sinne. Gewiss, Führungskräfte sind oft von Narzissmus getrieben, daher ist ein Machtverlust auch ohne wirtschaftliche Verluste oft schon eine „Strafe“ – aber das kann nicht genug sein.

Ein so sorgloser Umgang mit fremdem Geld, wie er in Politik und Verwaltung an der Tagesordnung ist, wäre in der Privatwirtschaft – Banken einmal ausgenommen – undenkbar. Vorstände, Geschäftsführer und Manager wissen bei jeder Entscheidung, die sie treffen, dass sie gegenüber ihrem Arbeitgeber beziehungsweise ihren Gesellschaftern mit ihrem Vermögen im Extremfall schon dann geradestehen müssen, wenn sie Gewinnmaximierungschancen nicht nutzen, allemal aber, wenn sie schuldhaft Schaden verursachen. Gewiss: die Vergütungen dieser Verantwortungsträger sind um ein vielfaches höher als die von Politikern und Beamten. Aber wäre es nicht im Sinne der Allgemeinheit gut angelegtes Geld, auch diesen in angemessenem Umfang spürbare Risikozuschläge dafür zu zahlen, dass sie – wiederum in angemessenem Umfang und nicht mit der Folge völliger Existenzvernichtung – ungeachtet überkommener „Grundsätze des Berufsbeamtentums“ für ihr Handeln wirtschaftlich unmittelbar zur Verantwortung gezogen werden könnten?

Dann würden für öffentliche Aufträge vielleicht detailliertere und mehr am Auftragserfolg als am Dienstweg orientierte Pflichtenhefte entwickelt, Garantien von Auftragnehmern eingefordert, statt ihnen Haftungserleichterungen zu gewähren und sich ihren Kalkulationstricks leidenschaftslos auszuliefern. Es ist anzunehmen, dass schon dadurch Milliardenschäden vermieden werden könnten.

Eine besondere Rolle käme in diesem Zusammenhang den Rechnungshöfen als neutraler Kontrollinstanz zu, deren Arbeit ihrerseits dringend auf mehr Transparenz und Sachnähe auszurichten wäre als etwa, wie jüngst geschehen, sich in höchst zweifelhafter Weise den Umweltfolgen der Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu widmen.

All dies würde umfassende strukturelle Maßnahmen erfordern. Sollte es das aber nicht wert sein, um, statt der allenthalben grassierenden Rasenmähersparmentalität bei sinnvollen Aufgaben zu kürzen, da, wo mangels hinreichendem Engagement derer, die darüber zu wachen haben, Geld ineffizient versickert beziehungsweise in dubiose Kanäle fließt, echte Einsparungen zu erzielen und damit finanzielle Freiräume zu erschaffen, innerhalb derer man dann positiv streiten könnte, wofür das freigewordene Geld ausgegeben werden soll – zum Beispiel für kulturelle Zwecke?

Tobias Könemann

 

 

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