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Neues vom DVD-Markt

„L’Incoronazione di Poppea“
Claudio Monteverdi: L’Inco ronazione di Poppea. ML: Emmanuelle Haïm, R: Jean-François Sivadier (2012). Virgin/EMI, 2 DVDs 9289919 (178 Min.)

Aus lockerer Probenatmosphäre lässt Jean-François Sivadiers Inszenierung eine kaputte Welt in Umbruch und Untergang entstehen: nach nüchtern leerer Bühne raffiniert ausgeleuchtete Pseudo-Üppigkeit, sichtbarer Szenenumbau, auch mal Aushilfsmöbel, pseudo-antike Kos-tüme mit aktuellen Accessoires, Freak-Masken, -Tätowierungen und -Frisuren – eine Bühne voll „spätrömischer Dekadenz à la Westerwelle“. Reize ganz anderer Art kommen – zwischen Schlagwerk-Einlagen im Stil von „Intermedien“ – aus dem Orchestergraben: Emmanuelle Haïm und ihr Ensemble „Concert d’Astrée“ verbreiten Monteverdi-Wonnen, die ein hinreißend „wohlstandsverwahrlostes“ Solisten-Ensemble vokal ergänzt. Aus der Reihe der „Poppea“-DVDs herausragend.

David et Jonathas
Marc-Antoine Charpentier: David et Jonathas. ML: William Christie, R: Andreas Homoki (2012). BelAir/Harmonia mundi, DVD BAC 093 (130 Min.)

In der 2012 beginnenden und erstaunlicherweise in Frankreich extrem heftig geführten Debatte um „Homo-Ehe et cetera“ präsentierte das Festival Aix-en-Provence eine von den Jesuiten in Auftrag gegebene und 1688 uraufgeführte „Tragédie en musique“, die von der tiefmenschlichen Liebe zwischen dem biblischen David und Jonathas, dem Sohn König Sauls, erzählt. Dirigent William Christie und Regisseur Andreas Homoki haben die Problematik nicht weggedrückt, vielmehr in aktueller Alltagskleidung des vorderen Orients speziell in den „west-östlichen“ Chor-Reaktionen eher noch zugespitzt. Musikalisch vom Feinsten, reizt das Werk zum Nachdenken über die historische Zielrichtung des propagandistischen Jesuitentheaters, über die im Werk auch enthaltenen Grundsätze politischer Haltung und realen Regierens und den Menschen David, der im Augenblick seiner Erhebung zum König den toten Jonathas in Armen hält und bekennt: „Ich habe alles, was ich liebte, verloren, für mich ist alles verloren.“ Ein anspruchsvoller Musiktheater-Baustein.

Montezuma
Carl Heinrich Graun: Montezuma. ML: Hans Hilsdorf, R/A: Herbert Wernicke (1982). Arthaus DVD 101 629 (140 Min.)

Als Musiktheaterfreund reiste man 1981 ins Berliner Hebbeltheater, um eine absolute Rarität zu erleben: mit Grauns „Montezuma“ eine völlig unbekannte „preußische“ Barock-Oper im Programm der ersten Nachkriegs-„Preußen“-Ausstellung, seriös von lauter Kennern aufführungspraktisch bearbeitet, exquisit besetzt – und von dieser noch als Geheimtipp gehandelten Regie- und Ausstattungsbegabung, dem 35-jährigen Herbert Wernicke, inszeniert. Es wurde ein „Sternstunden-Erlebnis“ – das erfreulicherweise im perfekt geeigneten Markgräflichen Theater Bayreuths 1982 aufgezeichnet wurde: Wilhelmine, die Schwester König Friedrich II. von Preußen, hatte den Bau als überragende Mäzenin gewünscht und gefördert. Die Facetten dieses Opern-Brillanten blitzen auch 30 Jahre später: das klug konzentrierte Libretto Friedrichs II. von Preußen, in dem sich Leitlinien seines „Antimacchiavell“ und aufklärerisches Gedankengut mischen, Grauns blitzende und funkelnde Musik, in ihren Partien „brennende“ junge Sängerinnen für die damals noch nicht vorhandenen Counter-Tenöre – und dann Wernickes die Augen verwöhnende Inszenierung im pretiösen Ambiente des Uraufführungsjahres 1755, in Eins verschmolzen mit dem intellektuellen Vergnügen, den Kriegerkönig als Flötenspieler von Sanssouci wie als Konquistador Cortés wie als Aufklärer auf der Bühne zu erleben. Da darf das Deutsch einiger Damen, die alle Azteken-Partien singen, ein wenig „fremd“ klingen. Der kunsthistorisch interessierte Musiktheaterfreund kann sich zusätzlich an zahllosen Details aus der Bildenden Kunst erfreuen. Eben ein „Wernicke-Brillant“.

L’Olimpiade
Giovanni Pergolesi: L’Olimpiade. ML: Alessandro de Marchi, R: Italo Nunziata (2011). Arthaus DVD 101 650 (2 discs)

Die „Fondazione Pergolesi“ ist rührig: Ein seit der Uraufführung 1735 eher „vergessenes“ Werk wurde in Jesi bei Ancona erstmals aufgezeichnet. Metastasios Libretto stellt anhand eines aus Liebe gefälschten Kampf-Auftritts bei der Olympiade Grundfragen nach Freundschaft, Liebe, Treue und dem „richtigen Leben“. Das wird mit dem Originalklang-ensemble auf der Bühne und einer durchs Publikum verlaufenden kreuzförmigen Plattform als „Entscheidungen am Scheideweg“ in leicht abstrahierten frühbarocken Kostümen abgehandelt – wobei die von de Marchi fulminant dirigierte Musik und ihre Interpreten, voran Jennifer Rivera in der Hosenrolle des Licida, am meisten beeindrucken.

Ignacy Jan Paderewski: Manru. Chor, Ballett und Orchester der Oper Nova Bydgdoszcz. ML: Maciej Figas, R: Laco Adamik (2006/11)
Dux/Naxos DVD 9703 (124 Min.)

Keine DVD mit Stummfilmaufnahmen des polnischen Klaviervirtuosen Paderewski (1860–1941), vielmehr eine von 2006 mit dem Opernkomponisten: Denn bis 1909 komponierte Paderewski auch, ab 1915 widmete er seine Kräfte dem Aufbau eines unabhängigen Polen. Für die polnische Musikdramatik stellt Paderewskis Oper eine Art Bindeglied zwischen Moniuszko und Szymanowski dar, obwohl der Auftrag von der Dresdner Staatsoper kam und das Uraufführungslibretto 1901 in deutscher Sprache entstand. Damals ein Riesenerfolg, der bis an die New Yorker Metropolitan Opera führte, wird dieser Zweig des polnischen Musiklebens erst in den letzten 40 Jahren langsam wiederentdeckt. Paderewski und sein Librettist Alfred Nossig haben – ganz aktuell – das tragische Aufeinanderprallen von armer, aber geordneter Dorfkultur und frei ungeplantem Zigeunerleben gestaltet: das Scheitern der Liebe zwischen dem Dorfmädchen Ulana und dem Zigeuner Manru, obwohl der als Schmied sesshaft zu werden versucht. Als er scheitert, zu den Zigeunern und der schönen Aza zurückkehrt, stürzt sich Ulana ins Wasser. Manru wird von einem Dörfler in eine Schlucht gestürzt. Paderews-ki hat dazu ein nach-wagnerianisches durchkomponiertes Musikdrama geschrieben, das aber polnischen Volkstanz und Zigeunermusik mit einbezieht. Die Inszenierung von Laco Adamik zeigt geradlinig Handlung und soziale Unterschiede, was dem Chor die Verkörperung der zwei Lebensformen zuweist. Neben den in Bregenz, Karlsruhe und Mannheim neu interpretierten Opern des Polen Mieczys law Weinberg eine lohnende Entdeckung.

La Salustia
Giovanni Pergolesi: La Salustia. Accademia Barocco, ML: Corrado Rovaris, R: Juliette Deschamps (2011), Arthaus, 2 DVDs 101 651

Eine weitere Ausgrabung des Pergolesi-Theaters in Jesi: das Frühwerk um den spätrömischen Kaiser Alexander, dessen Mutter auf die junge Schwiegertochter mords-eifersüchtig ist. Tochter Juliette aus der Theaterfamilie Deschamps lässt alles in improvisiert wirkenden Barockkostümen des Entstehungsjahres 1732 spielen, denn durch den damaligen Tod eines Hauptrollensängers musste der junge Pergolesi schnell umarbeiten – und diese Zweitfassung wurde aufgezeichnet.

Pia de‘ Tolomei
Gaetano Donizetti: Pia de’ Tolomei. Chor und Orchester des Te-atro La Fenice. ML: Paolo Arrivabeni, R: Christian Gangneron (2005), Dynamic/Klassikcenter 2 DVDs 33488 (137 Min.)

Ein schmerzliches Frauenschicksal, das sogar Dante in seine „Göttliche Komödie“ aufgenommen hat: klassischer Opernstoff mit einem Mord an einer unschuldig Verdächtigten. Neben konventionellen Passagen und dem Chor nur als Hintergrund auch echtes „dramma per musica“ – die Entdeckung wert.

Wolf-Dieter Peter

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