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Hintergrund

Koproduktionen mit Spezialitätenpotenzial

Julien Chavaz setzt an der Oper Magdeburg auf internationale Musiktheater-Partnerschaften

Von Roland H. Dippel

Am Beginn seiner Magdeburger General­intendanz zur Spielzeit 2022/23 stand der fortgesetzte Erfolg einer von seiner Vorgängerin Karen Stone übernommenen Entdeckung. Die Wiederaufnahme und CD-Einspielung der posthumen Uraufführung „Grete Minde“ des im KZ verstorbenen Komponisten Eugen Engel wurde zum ersten Ruhmesblatt von Ju­lien Chavaz. Planung und Produktion folgten einem bewährten Erfolgsdenken: Die Oper nach Theodor Fontane hat ein Sujet mit Regionalbezug, Engels spätromantische, leicht moderne Musik enthält für das Publikum hohe Attraktivität. Zudem ist die Oper „Grete Minde“ durch die Biographie ihres Komponisten ein wirkungsvoller Gegenstand der Mahn- und Erinnerungskultur. Trotzdem konnte die Ausstattung der international gerühmten Produktion (bisher) nicht an eine andere Bühne verkauft werden.

Intendant Julien Chavaz. Foto: Nilz Boehme

Intendant Julien Chavaz. Foto: Nilz Boehme

Eine Alternative zu dieser ausschließlich für die Oper Magdeburg gedachten Inszenierung praktiziert Chavaz konsequent und mit großem Zuspruch. Seine durch Erfahrungen aus Regiearbeiten von Werken aller Epochen für Festivals, kleine und große Häuser beeinflusste Programmgestaltung spiegelt die allgemeine Repertoire-Erweiterung der letzten Jahre: gewachsene Vorliebe für Werke des frühen 19. Jahrhunderts, der Moderne und Zeitgenössisches wie die Uraufführung von Gerald Barrys „Salome“ im Frühjahr 2025. Gerade solche Beiträge geben einem Spielplan Farbe, obwohl sie nur unter Glückskonstellationen zu Publikumsmagneten werden, die eine Wiederaufnahme oder zweite Vorstellungsserie legitimieren.

Zur Minderung des Risikos durch mangelnden Publikumszulauf liegen internationale Koproduktionen nahe. Solche betreibt Chavaz mit Konsequenz und Strategie, gibt aber auch spontanen Gelegenheiten eine Chance – wie in der aktuellen Spielzeit dem Interesse des Teatro Massimo Palermo an Tschaikowskis „Eugen Onegin“ in Chavaz’ Inszenierung, einer Koproduktion des Theater Magdeburg und der Opéra National de Lorraine Nancy. Davor gab es in Magdeburg Vincenzo Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ in der Regie der Züricher Schauspiel-Kointendantin Pınar Karabulut mit den Theatern Nancy und Sankt Gallen sowie dem Opera Ballet Vlaanderen in Antwerpen und Anna Bernreitners Inszenierung von Sergei Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“ mit Sankt Gallen und Nancy. Solche Projekte werden von Chavaz ohne zyklische Regelmäßigkeit entwickelt. Einladungen von Inszenierungen, die nicht als Koproduktion geplant wurden, ergeben sich manchmal erst nach den Premieren.

Gerald Barry, „Salome“ mit David Howes, Stefan Sevenich, Vincent Casagrande, Alison Scherzer, Foto: Gianmarco Bresadola

Gerald Barry, „Salome“ mit David Howes, Stefan Sevenich, Vincent Casagrande, Alison Scherzer, Foto: Gianmarco Bresadola

Die in Magdeburger Eigenregie entstandene Produktion von Gerald Barrys „Alice im Wunderland“ gastierte beispielsweise im April 2025 am Grand Théâtre Genève. Umgekehrt ergriff Chavaz die Gelegenheit, die von Barbara Hannigan für eine internationale Aufführungsserie geplante Uraufführung von Barrys „Salome“ als Weltpremiere in Magdeburg herauszubringen, nachdem diese wegen der Pandemie hatte verschoben werden müssen. „Es gilt künstlerisch und wirtschaftlich immer das Opportunitätsprinzip“, sagt Chavaz bei unserem Gespräch am 14. März, einen Tag vor der Magdeburger „Salome“-Uraufführung. Das meint er auch in Hinsicht auf arbeitstechnische und wirtschaftliche Faktoren. Es handelt sich bei seinen Koproduktionen generell nicht um Gastspielprojekte – jeder Musiktheaterbetrieb studiert die Werke mit eigenen Besetzungen, Chor und Orchester ein.

„Es ist wichtig, dass wir koproduzierenden Theater einen größeren räumlichen Abstand haben und uns demzufolge nicht gegenseitig um das Publikum oder die Aufmerksamkeit der regionalen beziehungsweise nationalen Medien bringen.“ Auch eine Übereinkunft betreffend Regie-Handschriften, die an allen Aufführungsorten       erfolgversprechend sind, ist wichtig. „Non è tanto tedesco“ („Das ist nicht allzu deutsch...“) lautete eine Begründung für die Übernahme von „Eugen Onegin“ nach Palermo. Gemeint war damit das international „German trash“ genannte Phänomen, dass Inszenierungen das Verständnispotenzial eines an direkter Handlung orientierten Publikums überfordern.

Zum „Opportunitätsprinzip“ bei Koproduktionen gehört auch, dass ein Teil der Kosten für Materialien und Kreativleistungen wieder an das erstproduzierende Theater zurückfließen. In Magdeburg können durch eine vorab geplante Koproduktion etwa zwei Drittel der Honorarkosten für Regieteams und die halbe Summe für Materialkosten eingespart werden, nicht jedoch die anfallenden Arbeitszeiten und Werkstatttage. Für internationale Theater, die im Vergleich zu deutschen, österreichischen und Schweizer Subventionstheatern keinen ganzjährigen Spielbetrieb, weniger Vorstellungszahlen und vor allem weitaus weniger Personalstellen für die Gewerke haben, erweist sich die Vorab-Produktion im Theater Magdeburg oder generell in einem deutschen Subventionstheater als großer Vorteil. Voraussetzung für eine sinnvolle Koproduktion ist eine vergleichbare Größe der Bühnendimensionen und der Musik­theater-Kollektive. Das gilt vor allem für den Chor: Idealerweise ähneln sich die Besetzungsstärke wie beim Opernchor des Theaters Magdeburg (36 Stellen) und dem Chœur de l’Opéra national de Lorraine (28 Stellen und Gäste). Die personelle Vergrößerung der Inszenierung von „Eugen Onegin“ in Palermo auf 82 Chorpositionen und weitere 8 Personen Statisterie werden von der Regie und dortigen Kostümwerkstätten umgesetzt.

Schließlich wäre da noch die Frage des hierarchischen Rankings der partizipierenden Bühnen. Die Kategorisierung Théâtres Nationaux in Frankreich entspricht der größerer Mehrsparten- oder kleinerer Staatstheater in Deutschland. Das Theater Sankt Gallen ist ein Genossenschaftsbetrieb des Schweizer Kantons Sankt Gallen und hat ein Alleinstellungsmerkmal für die gesamte Ostschweiz. Koproduktionen von programmatisch, personell und hie­rarchisch ähnlichen Theaterbetrieben ermöglichen eine größere Vielfalt des Spielplans, geringeres Risiko durch die Möglichkeit von weniger Vorstellungen und damit ein wirtschaftlich günstigeres Verhältnis von Vorstellungszahlen und Produktionsaufwand. Moniert wurden sinkende Kreativität, weniger Output oder verfehlte Spielplanpolitik am Theater Magdeburg bisher nicht – ganz im Gegenteil.

Fortsetzung folgt: In Vorbereitung ist die Koproduktion von Alfred Schnittkes „Leben mit einem Idioten“ der Oper Magdeburg mit der Opéra National de Lorraine in Nancy.

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