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Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Sachsen

Gute Nachrichten gab es zum Ende der letzten Spielzeit. Bereits im Gespräch mit Vertretern der Gewerkschaften DOV,
ver.di, GDBA und VdO hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine bedeutende Finanzspritze des Freistaats angekündigt, die explizit dazu dienen soll, eine landesweit flächentarifgerechte Bezahlung der Beschäftigten zu erreichen. Die in kommunaler Trägerschaft befindlichen Theater leiden seit Jahren unter unzureichenden Zuschüssen. Die Folge sind Haustarifverträge – im Bereich des NV Bühne mit Gehaltsverzicht bis zu 15 (!) Prozent. Mit einer Summe von insgesamt 40 Millionen Euro, verteilt auf die kommenden vier Jahre, will der Freistaat diese Situation nun verbessern. Von diesem Geld sollen 28 Millionen direkt und zweckgebunden an die Theater und Orchester gezahlt werden. Weitere 12 Millionen Euro werden über die „Kulturräume“ an die Kommunen verteilt. Dieses Geld kann dann auch in die Etats zum Beispiel von Bibliotheken oder Museen wandern.

Kommunen, die von den zusätzlichen Mitteln profitieren möchten, müssen einen Antrag ans Land stellen. Voraussetzung ist eine Bereitschaft zur Ko-Finanzierung von 15 bis 30 Prozent der für die Tarifangleichung erforderlichen Mittel. In Chemnitz wird die Botschaft der Landesregierung positiv aufgenommen. Generalintendant Christoph Dittrich erklärte bereits, das Förderprogramm in Anspruch nehmen zu wollen. Dadurch werde im besten Fall eine flächentarifvertragliche Bezahlung ab 2019 möglich sein. Die laufenden Haustarifverhandlungen sollen, so der Vorschlag Dittrichs, so lange ruhen, bis die genauen Richtlinien des Freistaats für das Förderprogramm feststehen und der Stadtrat einen entsprechenden Beschluss gefasst habe.

Eher verhalten ist die Reaktion am Theater Görlitz-Zittau. Hier beträgt der Gehaltsverzicht derzeit 15 Prozent. Nun wurde nur noch die Fortführung des bestehenden Haustarifvertrages bis zum Ende 2018 vereinbart. Ab 2019 war dann die tarifgerechte Bezahlung geplant. Dabei waren die Rechtsträger offenbar von einer maximalen Ko-Finanzierung von 15 Prozent ausgegangen. Nachdem sich nun eine Beteiligung der Kommunen von bis zu 30 Prozent abzeichnet, wird von Seiten der Theaterleitung die Forderung nach neuen, über 2018 hinausgehenden Haustarifverhandlungen laut. Es ist aber zunächst noch von Rechtsträgerseite her zu prüfen, inwieweit nicht doch noch Möglichkeiten bestehen, die notwendige Ko-Finanzierung zu stemmen.

In Annaberg-Buchholz wurde eine qualifizierte Nachbesserungsklausel vereinbart. Inwieweit sich die Entwicklungen auf die verbleibenden Standorte, insbesondere die Theater in Freiberg/Döbeln und Plauen/Zwickau, auswirken werden, wird derzeit noch geprüft.

Augsburg

Die Vorbereitungen zur Erhebung des Theaters Augsburg zum Staatstheater laufen auf vollen Touren. Vorbild ist wohl das Modell Nürnberg, wo dieser Schritt bereits im Jahre 2005 vollzogen wurde. Insgesamt eine erfreuliche Entwicklung: Die Position des Theaters wird gestärkt, seine Finanzausstattung verbessert und zugleich stabilisiert.
Doch bezüglich der Umsetzung kommen gemischte Gefühle auf. Das Theater – bislang eine Dienststelle der Stadt Augsburg, soll in eine Stiftung überführt werden und damit eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten. Eine Folge ist, dass die Beschäftigten einen neuen Arbeitgeber erhalten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen solchen Betriebsübergang, insbesondere der § 613a BGB, sichern die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer/innen nur sehr unzulänglich ab. Deshalb werden, gerade auch im Theater-Bereich, regelmäßig Personalüberleitungsverträge (PÜVe) geschlossen, die die Lücken schließen.

Dies soll auch in Augsburg so sein. Allerdings, entgegen gängiger Praxis an anderen Häusern, offenbar unter Ausschluss der zuständigen Gewerkschaften und ihrer Erfahrung mit solchen Situationen. Die Folge: Auch der erweiterte Schutz bleibt, insbesondere für die künstlerisch Beschäftigten, an wichtigen Stellen lückenhaft. Der der VdO inoffiziell vorliegende Entwurf des PÜV bedarf daher dringend der Überarbeitung. Hier einige wesentliche Schwachstellen:

- Ein Rückkehrrecht der Beschäftigten zur Stadt im Falle der Auflösung der Stiftung soll nur in der Satzung der Stiftung, (die der VdO nicht vorliegt), nicht aber im PÜV, verankert werden. Das ist völlig unzureichend, da die Stadt als Verpflichtete nicht an die Satzung gebunden ist und ein Rechtsanspruch der Beschäftigten gegen die Stadt, wie er erforderlich wäre, so gar nicht entstehen kann. - Einen Schutz vor betriebsbedingten Nichtverlängerungen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang (analog zum Kündigungsschutz) soll es nicht geben.
- Nur nach TVöD, nicht jedoch nach NV Bühne oder TVK Beschäftigte gelten bei Stellenbesetzungen bei der Stadt Augsburg weiterhin als „interne Bewerber“.
- Die verpflichtende Mitgliedschaft der Stiftung im Deutschen Bühnenverein ist zumindest fraglich; Verhältnisse wie in Hof sind nicht ausgeschlossen.
- Der PÜV hat keinen besonderen Bestandsschutz; er kann von seinen Parteien jederzeit aufgehoben oder zum Nachteil der Beschäftigten geändert werden.

Wir appellieren daher an alle Beteiligten, insbesondere den Personalrat, auf die Erfahrung der Künstlergewerkschaften zurückzugreifen und den PÜV mit uns abzustimmen. Damit könnte die ungute Situation vermieden werden, dass die Gewerkschaften ihre Mitglieder dazu aufrufen müssten, der Überleitung zu widersprechen, was für alle Beteiligten mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden wäre.


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