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Editorial von Tobias Könemann

Kulturpolitik

Brennpunkt
How to Kulturfördergesetz in diesen Zeiten? – ein Erfahrungsbericht aus der Fachgruppe Musik in Berlin

Auf ein Wort mit…
„Kunst und Kultur schaffen Horte des Miteinanders“

„Interimszeit ist Chance, nicht Hemmschuh“
Daniel Morgenroth wird Intendant des im Neu- und Umbau befindlichen Mainfranken Theaters Würzburg

Jubel, Korrekturen, Lücken
Das Festjahr Johann Strauss 2025 in Wien und anderswo

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DDR-Vergangenheit und mitreissender Puls
Uraufführung von Ludger Vollmers Choroper „Rummelplatz“ in der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz und Tanz-Parcours „Odyssee in C“

Mozart im Ausnahmezustand
Ein barrierefreier „Figaro“ für alle am Brandenburger Theater

Am verschwiegenen Rand der BRD
Sabri Tuluğ Tırpans Oper „Ganz unten“ nach Günter Wallraff beim Kunstfest Weimar

Gefallen(d)er Engel
Giacomo Puccinis Frauenschicksal „Manon Lescaut“ an der Oper Köln

Symbiose von Leidenschaft und Präzision
Will Humburg dirigiert Verdis „Nabucco“ in Bonn

Wozzeck im Serienformat
Wie zwei Wienerinnen die Oper neu erfinden

Grotesker Mummenschanz
Richard Wagners „Tannhäuser“ als Steinbruch am Theater Magdeburg

Kosmogonie als Kasperletheater
Paul-Georg Dittrichs Neuinszenierung von Wagners „Rheingold“ an der Oper Köln

Dystopie und Utopie
Tanztheater an den Kölner Bühnen: Sasha Waltz’ „Beethoven 7“

Zwischen Atem und Applaus
Die 6. Internationale Opernwerkstatt Waiblingen

Abbild oder Variation?
Die Semperoper auf einer Krypto-Briefmarke

Geschichte einer intensiven Beziehung
Eckart Kröplins Buch „Richard Wagner und Russland“

Darstellung neuen Körpergefühls
Ausstellung und Katalog „Tanz wird Kunst“ des Edwin Scharff Museums Neu-Ulm

Die Tragödie unserer Zeit
Neue DVD mit Mieczysław Weinbergs „Der Idiot“

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Spielpläne 2025/2026

Hintergrund

Interimszeit ist Chance, nicht Hemmschuh“

Daniel Morgenroth wird Intendant des im Neu- und Umbau befindlichen Mainfranken Theaters Würzburg

Von Michaela Schneider

Daniel Morgenroth beweist Mut, so viel steht fest. Ab der Spielzeit 2026/27 wird der gebürtige Coburger, Jahrgang 1984, die Intendanz am Mainfranken Theater Würzburg antreten. Und dort läuft seit Jahren manches deutlich anders als geplant. Als man 2018 mit der überfälligen Sanierung des Theaters aus den 1960erJahren begann, hieß es noch, dass diese bis 2022 abgeschlossen sein soll. Inzwischen ist von „frühestens Ende 2029“ die Rede. Die Baukosten steigen und steigen. Und auf der Baustelle passiert seit Monaten – nichts.

Auch der vorzeitige Weggang von Intendant Markus Trabusch „im gegenseitigen Einvernehmen“ Ende 2024 warf Fragen auf. Und das reguläre Personalkarussell kam noch obendrauf: Seit diesem Sommer hat Würzburg mit Mark Rohde einen neuen Generalmusikdirektor, Ende September dirigierte er erstmalig „La Traviata“. Sein Vorgänger, der Italiener Enrico Calesso, hatte Würzburg verlassen, um als Chefdirigent ans Opernhaus Guiseppe Verdi in Triest zu wechseln.

Der künftige Intendant Daniel Morgenroth. Foto: Michaela Schneider

Der künftige Intendant Daniel Morgenroth. Foto: Michaela Schneider

Die gute Nachricht: Theater wird und wurde in der unterfränkischen Metropole trotz der Großbaustelle ohne Unterbrechung gespielt. Für große Produktionen vor allem auch der Musik- und Tanzsparten wurde eine Gewerbehalle des Unternehmens va-Q-tec am Würzburger Stadt­rand zur Interimsspielstätte ausgebaut. Beim großen Klang zeigen sich zwar ab und an Grenzen, Regieteams wie auch die Akteure der Sparten Musiktheater, Tanz, Schauspiel und Orchester machen aber das Beste aus der herausfordernden Situation. Im Dezember 2024 eröffnete im neuen Theater-Kopfbau das „Kleine Haus“ – eine Spielstätte mit rund 330 Plätzen und fürs Schauspiel gut geeignet. Morgenroth sieht die Situation sportlich und will die Zeit des Interims als Chance und nicht als Hemmschuh begreifen. Er möchte ungewöhnliche Spielorte als weitere Ausweichquartiere finden, noch enger an die Stadt andocken und das Programm noch spannender gestalten. Er betont: Theater müsse zuallererst ein Theater für die Stadt und die Region sein. Bringe man dafür relevante Themen in exzellenter neuer Weise auf die Bühne, könne das republikweit für Aufmerksamkeit sorgen. Hier liegen auf Morgenroth große Hoffnungen. Als er 2021 als Intendant ans Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz-Zittau wechselte, konnte er dessen Wirkungsgrad deutlich erhöhen: Er erreichte nicht nur ein breiteres Publikum in der Region mit rund 130.000 Theaterbesuchern im Jahr (in Würzburg sind es knapp 100.000), sondern schaffte es auch überregional in die Feuilletons.

Von 2004 bis 2011 hatte Morgenroth Sprachen, Wirtschafts- und Kulturamtsstudien an der Universität Passau sowie Text und Performance Studies an der Royal Academy of Dramatic Art und dem King’s College London studiert. Theater_erfahrung sammelte er im Schultheater, im studentischen Bereich und in der freien Szene. Er leitete Improvisationstheatergruppen, schrieb, spielte und inszenierte in Passau sowie in Würzburg, wo er die English Drama Group leitete. In seiner Londoner Zeit erarbeitete er Stücke zu ganz unterschiedlichen Thematiken und lernte die Theatergruppe „Punchdrunk“ kennen, die als Pioniere des immersiven Theaters gelten. Bis heute begeistert es ihn, überwältigend sinnliche, große Welten zu erschaffen.

2009 und 2010 arbeitete Morgenroth als persönlicher Assistent von Robert Wilson in New York und weltweit an großen Inszenierungen, unter anderem an „L’Orfeo“ für die Mailänder Scala oder „1433: Die Große Reise“ fürs Nationaltheater Taipeh. Auch diese Zeit sei für ihn künstlerisch sehr prägend gewesen, sagt er – vor allem Wilsons Präzision im Blick und seine Freude am Formalismus. Zwischen diesen Polen – dem Kleinen, Formalen und dem überwältigend Sinnlichen – könne sich Theater abspielen. Von 2011 bis 2017 unterrichtete Morgenroth englische Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität Würzburg und ging dann 2017 als stellvertretender Intendant ans Theater Konstanz.

Das Bestandsgebäude des Großen Hauses bis auf den Rohbau zurückgebaut. Blick auf die Große Bühne. Foto: Michaela Schneider

Das Bestandsgebäude des Großen Hauses bis auf den Rohbau zurückgebaut. Blick auf die Große Bühne. Foto: Michaela Schneider

Sein Vertrag am Gerhart-Hauptmann-Theater endet mit Ablauf der Spielzeit 2025/26. Es handle sich um ein tolles Haus, an dem er große Freude habe. „Es ist kein Weggehen von, sondern ein Hingehen zu“, sagt er über seinen Wechsel ans Mainfranken Theater. Hier erwarten ihn neben dem regulären Theaterbetrieb zusätzliche Herausforderungen: Zum einen geht es darum, der Erhebung des Vier-Sparten-Hauses zum Staatstheater mit einer entsprechenden Handschrift gerecht zu werden. Zum anderen muss bis zur Eröffnung des neuen Theaterbaus weiterhin mit Interimsspielstätten gearbeitet werden.

Die Generalsanierung des Gebäudes wird sich laut des Geschäftsführenden Direktors Dirk Terwey noch bis mindestens Ende 2029 hinziehen. Und hinter der großen weißen Wand, die das Foyer von der Großbaustelle trennt, herrscht Baustillstand. Der erste Bauabschnitt startete im Sommer 2018 und umfasste den Neubau eines Kopfgebäudes mit „Kleinem Haus“ als neuer Spielstätte, Foyerflächen, Ballettraum, Probebühnen und Gastronomie. Eröffnet wurden diese neuen Räume im Dezember 2023.

Damals hatte die Sanierung und Erweiterung des Großen Hauses bereits begonnen. Allerdings fiel im Sommer 2022 die Entscheidung, die Zusammenarbeit mit der Hamburger PFP Planungs GmbH „aufgrund mangelhafter Performance“ zu beenden. Die gleichzeitige Insolvenz des Planungsbüros habe dann das Krisenmanagement erschwert, sagt Terwey. Anfang 2023 nahm das neu verpflichtete Architekturbüro FMP aus Schweinfurt die Arbeit auf. Im Sommer 2023 wurde dann allerdings einem zweiten Fachplaner für die Technische Gebäudeausrüstung „aufgrund mangelhafter Leistung“ gekündigt.

Europaweite Vergaben wurden nötig, und erst seit September 2024 gibt es einen neuen Fachplaner für die Technische Ausrüstung. Seit Ende 2024 überprüfen und vervollständigen die Planungsbüros nun die ursprüngliche Planung – und erst, wenn die noch ausstehenden Ausschreibungen für die Ausbaugewerke stehen, können laut Terwey detaillierte Bauzeitenplanungen und Aussagen zu den Projektkosten als Grundlage für einen neuen Kostenrahmen getätigt werden. Bei ersten Planungen war man noch von Gesamtkosten in Höhe von 65 Millionen Euro ausgegangen. Inzwischen sind 78 Millionen Euro verbaut, und der Würzburger Stadtrat hatte zuletzt Ende 2021 ein Gesamtbudget von 103 Millionen Euro beschlossen.

Zum Drama der Theatersanierung kam das Drama um die Theaterintendanz. Markus Trabusch hatte das Haus überraschend zum 31. Dezember 2024 verlassen. In die Kritik geraten war er im Zuge einer Inklusionsdebatte – und bereits zuvor schwelten Konflikte mit seinem Führungsstil. Anfang 2025 übernahm der bis dahin freischaffende Regisseur Georg Rootering – von 1995 bis 1997 Oberspielleiter des Musiktheaters am damaligen Stadttheater Würzburg – kommissarisch die Intendanz, die dann 2026/27 Daniel Morgenroth übernehmen wird. Theater sei vor allem ein Teamsport, sagt er. Das Intendantenmodell hält er zwar für sinnvoll, „weil wir in der Kunst immer wieder an den Punkt kommen, wo kein objektives Urteil gefällt werden“ könne und es Geschmacksurteile gebe. Dann sei es richtig, dass am Ende einer den Hut aufhabe und die Richtung vorgebe. Gleichzeitig sei aber ein kreativer Pool deutlich stärker als der Einzelne. Und schöner, als im stillen Kämmerlein Spielpläne zu erarbeiten, sei es, mit Spartenleitern und Dramaturgie Ideen auszutauschen und zu debattieren: „So nehmen wir den Schwung des Teams mit.“

Inwieweit sich mit Würzburgs neuem Intendanten das Personalkarussell am Theater weiter drehen wird, lässt Morgenroth offen und sagt nur: „Ich freue mich über Kontinuitäten. Ich glaube, dass es gleichzeitig auch immer Wechsel braucht, um frischen Wind zu bringen.“

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