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Aktuelle Ausgabe

Spiel oder ernst?
Editorial von Tobias Könemann

Kulturpolitik

Brennpunkt
Theaterfinanzierung in Zeiten klammer Kassen – Berliner Kulturfördergesetz: Hoffnungsträger oder Papiertiger?

Auf ein Wort mit...
Die Berliner Senatorin für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt Sarah Wedl-Wilson

Schwerpunkt

Vielsinnliche Klänge und vielstimmige Szenen
Das zeitgenössische Musiktheater sammelt sich und betritt die Bühne

Freie Szene, feste Häuser
Kulturpolitische Horizonte des Freien Musiktheaters

Das Experiment als Impuls
NOperas! und zwanzig Jahre Experimentelles Musiktheater

Spontan, unangepasst, utopisch
Das Musiktheaterkollektiv „Hauen und Stechen“

Berichte

Letzter Vorhang für Raritäten-Biotop
Nach 57 Jahren beendete der Verein Neuburger Kammeroper seine Tätigkeit

Erschütternde Groteske
„Musik für die Lebenden“ von Gija Kantscheli in Bonn

Von Bürgerangst und Liebe
Münchens Gärtnerplatztheater bietet eine Menotti-Rarität

Riesenspaß auf der Festwiese
„Die Meistersinger von Nürnberg“ bei den Bayreuther Festspielen 2025

Oper für alle und mit allen
Uraufführung von Marc L. Voglers Bürger:innen-Oper „Who Cares?“ in Dortmund

Hey Leute, reden hilft!
Mozarts „Zaide“ als Community-Patchwork bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

Fledermaus-Himmel über Weikersheim
Die 60. Opernakademie der Jeunesses Musicales

Ein Jedermann der Meere
„Der Fliegende Holländer“ begeistert bei Oper im Steinbruch als monumentales Spektakel

Atonal beschwipst
Uraufführung von KoffLer/Schöllhorn „Alles durch M.O.W.“ am Theater Freiburg

Chancenloser Neuanfang
Das Ende der Krise beim Hamburg Ballett?

Erfolgreich und überall
Ein Buch über Alternativen, Aufbrüche und Gegenwart der Oper

Mozart für Fortgeschrittene – und alle, die es werden wollen
Die CD-Reihe Opera re:told mit „Die Hochzeit des Figaro“

Leidenschaft und Hysterie
Respighi „La Fiamma“ in der Regie von Christof Loy auf Blueray

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Rezensionen

Mozart für Fortgeschrittene – und alle, die es werden wollen

Die CD-Reihe Opera re:told mit „Die Hochzeit des Figaro“

Es gibt Opern, bei denen man gar nicht erst versuchen muss, sie in einem Satz zusammenzufassen. Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ ist so eine. Denn wer da wen liebt, hintergeht, belauscht oder besingt – das alles ist gleichzeitig Verwirrspiel, Gesellschaftsanalyse und rasante Beziehungskomödie auf musikalischem Hochleistungsniveau. Aber machen wir uns nichts vor: Wer ohne Partitur und Vorwissen mitten in den ersten Akt stolpert, fragt sich schnell, was das alles eigentlich soll – und ob das Zimmer neben dem Grafengemach wirklich ein gutes Hochzeitsgeschenk ist. Hier setzt das Projekt „Opera re:told“ an – und schafft mit viel Feingefühl, Humor und einer Prise Nerdtum genau das, was vielen Inszenierungen schwerfällt: Oper leichtfüßig erzählen, ohne sie zu banalisieren.

Die CD-Reihe Opera re:told mit „Die Hochzeit des Figaro“

Die CD-Reihe Opera re:told mit „Die Hochzeit des Figaro“

Frederic Böhle ist kein Moderator, kein Opernführer, kein Musikpädagoge. Er ist alles in einem und tritt bei dieser 90-minütigen CD-Produktion als Erzähler auf – mit Verve, Spielfreude und einem Händchen für eine spannende Erzählstruktur. Gleich zu Beginn lässt er Mozart musikalisch zu Wort kommen – doch dann stoppt er die Ouvertüre kurzerhand. Ein Sakrileg, wie er augenzwinkernd einräumt, aber nötig: Denn ohne einen Blick auf die Welt hinter der Musik lässt sich „Figaros Hochzeit“ wohl kaum nacherzählen. Und dann erzählt er, in welcher Zeit diese Musik komponiert wurde, warum sie so klingt – und warum Figaro in der Opernliteratur eigentlich sowas wie Luke Skywalker in „Star Wars“ ist.

Statt sich mit Begriffserklärungen oder historischer Faktenschlacht aufzuhalten, stürzt sich Böhle in den Plot und macht genau das, was gute Geschichten ausmacht: Er bringt uns zum Mitdenken und zum Schmunzeln. Wenn Susanna sich im Spiegel dreht, Figaro Möbel vermisst und der Graf seine Avancen plant, dann klingt das nicht nach trockenem Opernstoff, sondern fast wie ein „Besuch bei Ikea“, wie Böhle einwirft. Mit Figaro durchs Möbelhaus der Gefühle.

Besonders clever: „Figaros Hochzeit“ ist eigentlich Teil zwei einer Trilogie – „sozusagen das „Imperium schlägt zurück“ oder „Der Pate 2“ der Operngeschichte, wie Böhle originell vergleicht. Wer sich also schon einmal gefragt hat, wie die Beziehung zwischen Figaro und dem Grafen Almaviva angefangen hat: Hier gibt’s die Vorgeschichte direkt mitgeliefert. Klar, nicht im Detail. Aber so, dass man Lust bekommt, mehr zu erfahren.

Musikalisch begleitet wird die Erzählung vom Ensemble „Gutenberg Winds“, einem Bläseroktett aus Professoren und Studierenden der Hochschule für Musik Mainz. Was heute nach Kammermusik für Kenner klingt, nannte sich im 18. Jahrhundert Harmoniemusik. Vom Holzbläseroktett gespielt, war sie quasi das Streaming-Abo für jedermann und brachte die Opernhits in den Alltag der Menschen. Sogar Mozart selbst war Fan und schwärmte vom „herrlichen Effekt“ dieser Besetzung.

„Gutenberg Winds“ lässt diese Tradition wieder aufleben – verspielt, mit Leichtigkeit, fast wie ein musikalisches Daumenkino mit Zopfperücke. Mal kommentiert die Musik die Handlung, mal begleitet sie feinfühlig, aber immer mit Sinn für die Opern-Atmosphäre. Kurz gesagt: Große Oper im Taschenformat und ein kleines Stück Musikgeschichte, das hier ganz groß klingt.

Dass das Konzept aufgeht, fand auch die Jury des Deutschen Hörbuchpreises: Sie zeichnete „Opera re:told – Die Hochzeit des Figaro“ 2025 in der Kategorie „Das besondere Hörbuch“ aus. In ihrer Begründung lobte sie die Produktion als ebenso unterhaltsam wie klug erzählt – ein gelungenes Beispiel dafür, wie Opernstoffe neu gedacht und spannend vermittelt werden können.

„Opera re:told“ ist kein Ersatz für einen Abend in der Oper, aber es ist ein charmanter Türöffner – besonders für alle, die sich bisher nicht getraut haben, die Opernwelt zu betreten. Denn hier wird Oper mit Augenzwinkern und Spielfreude erzählt. Und vielleicht ist genau das der Schlüssel, mit dem man auch heutige Ohren für Mozart begeistern kann? Vorhang auf für Neugierige!

Valeska Maria Baader

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